Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung wegen Manipulation von Fleischmindesthaltbarkeitsdaten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein in einem Lebensmittelsupermarkt angestellter Metzgermeister macht sich strafbar, wenn er von einer Fleischfabrik hergestellte und verpackte und mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehene Ware bei Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums auspackt, neu verpackt und mit einem neuen „verlängerten” Mindesthaltbarkeitsdatum versieht.
2. Ein solches Verhalten ist an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
3. Der Arbeitnehmer kann sich in einem solchen Fall nicht damit entschuldigen, er habe nicht gewusst, dass das verboten sei, er habe entsprechende Weisungen seines Arbeitgebers aufgrund Schwerhörigkeit nicht gehört und der Arbeitgeber habe keine ausreichende Fortbildungen über geänderte gesetzliche Bestimmungen angeboten.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 26.08.2008; Aktenzeichen 14 Ca 5983/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2008 – 14 Ca 5983/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, fristlosen sowie einer ordentlichen Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses, über die vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers, die Zahlung von Annahmeverzugslohn und die Entfernung von zwei Abmahnungen.
Der am 24. Februar 1956 geborene, mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger war seit dem 26. November 1979 als Metzger, seit dem 6. Mai 1982 als Metzgermeister bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von EUR 2.931,89 beschäftigt. Zuletzt war er seit dem 21. Mai 2007 als Springer in der Filiale der Beklagten in H. tätig.
Mit Schreiben vom 26. März 2001 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht, nachdem sie Anfang Februar 2001 und am 20. März 2001 eingefrorene Hackfleischrestware in der Tiefkühltruhe vorgefunden hatte, von der der Kläger behauptet, dass sie nicht zum Verkauf bestimmt gewesen sei. In dem anschließenden Kündigungsschutzverfahren, ArbG Gelsenkirchen, 6 Ca 957/01, einigten sich die Parteien durch Vergleich vom 8. August 2001 (Bl. 27 f. d. A.) auf den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und die Entfernung einer unter dem 8. Dezember 1999 ausgesprochenen Abmahnung sowie verschiedener Protokolle und Gesprächsnotizen aus der Personalakte des Klägers. Der Kläger verpflichtete sich seinerseits, seine Tätigkeit entsprechend den gesetzlichen und betrieblichen Vorschriften zu verrichten.
Mit Schreiben vom 13. September 2001 (Bl. 107 f. d. A.) mahnte die Beklagte den Kläger wegen des Vorfindens verdorbener, nicht mehr verkaufsfähiger Fleischware in der SB-Theke und verunreinigter Regale und Bleche ab. Auf den Inhalt des Schreibens wird hiermit Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 (Bl. 116 d. A.) mahnte die Beklagte den Kläger wegen des Vorwurfs, 40 Packungen SB-Frischfleisch für den nächsten Tag vorverpackt und durch Manipulation der Etikettiermaschine das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) auf den 17.11.2002 festgesetzt zu haben, obwohl das Fleisch maximal bis zum 15.11.2002 hätte ausgezeichnet werden dürfen, ab. Zugleich forderte sie den Kläger auf, weder Fleisch für den nächsten Verkaufstag vorzuverpacken noch es über drei Tage Restlaufzeit hinaus mit einem MHD zu versehen. Auf den Inhalt der Abmahnung wird Bezug genommen. Über ein anschließendes Gespräch mit dem Kläger fertigte die Beklagte eine Notiz (Bl. 117 f. d. A.), die dieser nicht unterzeichnete. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2002 seines Prozessbevollmächtigten (Bl. 125 d. A.) widersprach der Kläger der Abmahnung und erklärte u. a., dass er sich hinsichtlich der „Restlaufzeit” an die Anweisungen halten werde.
Am 21. Mai 2007 führten der Marktmanager D. und der Bezirksmanager S. gegen 18 Uhr eine Marktbegehung in der Filiale H. durch und stellten nach Angabe der Beklagten Verunreinigungen der Fleischtheke auf den untersten Fachböden durch Fleischsaft fest. Weiterhin entnahmen sie eine Packung Schweinemett und fünf Packungen Schweinegeschnetzeltes mit dem Tagesdatum des 21. Mai 2007 aus der Theke. In der Fleischwarenabteilung waren an diesem Tag der Kläger und der Metzger F. tätig. Am nächsten Tag wies der Marktmanager D. – was der Kläger bestreitet – beide darauf hin, dass – mit Ausnahme des Hackfleischs – kein Fleisch mit Tagesdatum verkauft werden dürfe und es zu vernichten sei.
Am 24. Mai 2007 führten der Marktmanager und der Bezirksmanager gegen 9:30 Uhr erneut eine Kontrolle durch und fanden nach ihren Angaben wiederum drei Packungen Fleisch mit Tagesdatum sowie eine Fleischpackung mit MHD vom Vortag vor. Zudem fanden sie vor dem Arbeitstisch im Fleischvorbereitungsraum eine rote Kiste mit ca. 10 bis 12 Paketen Grillfleisch der Firma B. mit dem MHD des nächsten Tages vor. Der B...