Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachtzuschläge und Betriebsratstätigkeit. Zuschläge für Nachtarbeit und MTV Einzelhandel. Geltung des Lohnausfallprinzips
Leitsatz (amtlich)
1. Nachtzuschläge können auch dann zu dem nach § 37 Abs. 2, 4 BetrVG bei Arbeitsbefreiung für Betriebsratstätigkeiten zu zahlenden Entgelt gehören, wenn das Betriebsratsmitglied die Amtstätigkeiten nicht innerhalb des zuschlagspflichtigen Zeitrahmens ausgeübt hat. Ein Anspruch auf die Nachtzuschläge besteht, wenn und soweit vergleichbare Arbeitnehmer für ihre Arbeit in dem maßgeblichen Zeitraum Nachtzuschläge erhalten haben und auch das Betriebsratsmitglied diese ohne die Übernahme der Betriebsratstätigkeit verdient hätte.
2. Der Anspruch auf Zuschläge für Nachtarbeit im Sinne von § 7 Abs. 1d) des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel vom 25.07.2008 richtet sich auf Zahlung und kann vom Arbeitgeber nicht einseitig durch Freizeitgewährung abgegolten werden.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 4, 2; MTV Einzelhandel § 7 Abs. 1d; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 25.01.2013; Aktenzeichen 1 Ca 5142/12) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2013 - Az. 1 Ca 5142/12 - teilweise abgeändert und - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.223,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
aus 114,53 EUR seit dem 01.12.2011,
aus weiteren 240,51 EUR seit dem 01.01.2012,
aus weiteren 308,53 EUR seit dem 01.02.2012,
aus weiteren 294,51 EUR seit dem 01.03.2012,
aus weiteren 308,53 EUR seit dem 01.04.2012,
aus weiteren 294,51 EUR seit dem 01.05.2012,
aus weiteren 280,48 EUR seit dem 01.06.2012,
aus weiteren 266,46 EUR seit dem 01.07.2012,
aus weiteren 314,64 EUR seit dem 01.08.2012,
aus weiteren 314,64 EUR seit dem 01.09.2012,
aus weiteren 171,62 EUR seit dem 01.10.2012 sowie
aus weiteren 314,64 EUR seit dem 01.11.2012
zu zahlen.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 95 % und der Kläger zu 5 %.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen der Vergütung des Klägers als Betriebsratsmitglied über die Zahlung von Nachtzuschlägen.
Der Kläger ist Betriebsrat im Betrieb der Beklagten. Beide Parteien sind tarifgebunden bezüglich der Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen. Der Kläger ist in der Abteilung Logistik in Lohngruppe IIc) des Lohntarifvertrags beschäftigt. Seine monatliche Arbeitszeit beträgt 163 Stunden. Sein Bruttoentgelt betrug bis zum 30.06.2012 monatlich 2.140,00 EUR und ab dem 01.07.2012 monatlich 2.183,00 EUR.
Der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel vom (MTV) enthält unter anderem nachfolgende Regelungen:
§ 4 Mehrarbeit
[...]
(4) Mehrarbeitsstunden sind mit 1/163 des Monatsentgelts und einem Zuschlag gemäß § 7 zu bezahlen. Auf Wunsch des Arbeitnehmers kann eine Abgeltung von Mehrarbeitsstunden durch Freizeit mit den entsprechenden Zeitzuschlägen erfolgen. Über den Zeitpunkt der Abgeltung ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herbeizuführen.
§ 6 Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
(1) Nachtarbeit im Sinne dieses Tarifvertrages umfasst den Zeitraum von 19.30 Uhr bis 6.00 Uhr, in Verkaufsstellen von 20.00 Uhr bis|6.00 Uhr. [...]
(3) Von der Betriebsleitung angeordnete Nachtarbeitsstunden sowie Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen (von 0 bis 24 Uhr) sind gemäß §§ 4 und 7 abzugelten. [...]
(5) Wechselschichtarbeit, bei der sich die Schichten turnusmäßig ablösen und in der regelmäßig Nachtschichten anfallen, wird für alle Schichten mit einem Zuschlag von 10 % des Tarifentgelts bezahlt. [...]
§ 7 Zuschläge
(1) Mehr-, Nacht-, Sonntags-, Feiertags-, Spätöffnungs- und zuschlagpflichtige Samstagsarbeit sind mit Ausnahmen im Tankstellen- und Garagengewerbe (§ 8) mit folgenden Zuschlägen abzugelten:
a) Spätöffnungsarbeit (§ 5 Abs. 1) 20%
b) Mehrarbeit (§4) 25 %
c) Mehrarbeit ab der 5. Mehrarbeitsstunde in der Woche 40%
d) Nachtarbeit (§ 6), ausgenommen Wechselschichtarbeit
gemäß §6 Abs. 5 55%
[...]
(3) Spätöffnungszuschläge sind grundsätzlich in Freizeit zu gewähren. [...] Auf Wunsch von Beschäftigten kann der Zuschlag im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber abgegolten werden.
(4) Treffen mehrere Zuschläge zusammen, ist jeweils nur der höchste Zuschlag zu zahlen.
§ 8 Abweichende Regelungen für das Tankstellen- und Garagengewerbe
[...]
(3) Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind mit folgenden Zuschlägen abzugelten:
[...]
(4) Treffen mehrere Zuschläge zusammen, ist jeweils nur der höchste Zuschlag zu zahlen.
§ 10 Gehalts- und Lohnregelung
[...]
(7) Der Arbeitnehmer muss spätestens am Schluss des Kalendermonats über sein Entgelt verfügen können. [...]
§ 15 Urlaub
[...]
(10) Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Antritt des Urlaubs, bei kürzerer Bet...