Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeit. Anspruch
Leitsatz (amtlich)
Verlangt ein über 60-jähriger den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages, kann der Anspruch nur versagt werden, wenn dringende betriebliche oder dienstliche Bedürfnisse dem entgegenstehen. Die Kosten der Altersteilzeit (Aufstockungsbetrag), die bei Nachbesetzung des Arbeitsplatzes zusätzlich zu der Vergütung für den neu eingestellten Arbeitsplatzinhaber anfallen, sind der Altersteilzeit immanent. Sie erfüllen den Versagungstatbestand nicht.
Normenkette
TV ATZ (öffentlicher Dienst) § 2 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 6 Ca 354/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.05.2006 – Az.: 6 Ca 354/06 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages nach dem Tarifvertrag Altersteilzeit (TV ATZ) im sogenannten Blockmodell mit der Beklagten.
Der Kläger steht seit dem 01.01.1969 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten und ist derzeit als Zivilkraftfahrer beim Mobilitätscenter (MC) B beschäftigt. Der Kläger hat am 11.06.2004 das 60. Lebensjahr vollendet. Seit dem 01.01.2003 übt er seine Tätigkeit als Kraftfahrer bei der S GmbH im MC B aus. Die Beklagte hat ihr Rechtsverhältnis zur S GmbH durch einen Personalgestellungsvertrag geregelt (Bl. 37 ff. d. A.). Danach verpflichtet sich die Beklagte, Personal zur Tätigkeit bei der S GmbH zur Verfügung zu stellen und weiterhin die Personalkosten zu tragen. Die Beklagte hat sich verpflichtet, der S GmbH die Arbeitskraft eines gestellten Beschäftigten nicht durch Vereinbarung von Altersteilzeit zu entziehen ohne zuvor das Einverständnis der S GmbH eingeholt zu haben. Gemäß § 6 des Gestellungsvertrages ist die Beklagte berechtigt Personal aus dem Gestellungsverhältnis zurückzurufen. Aus der Gestellung ausgeschiedenes Personal wird durch die Beklagte nicht ersetzt.
Durch Erlass vom 16.03.2005 hat die Beklagte klargestellt, dass ein Anspruch auf Altersteilzeit nach dem TV ATZ grundsätzlich dann ausgeschlossen sein soll, wenn bei gestellten Arbeitnehmern der Arbeitsplatz bei Eintritt in die Freistellungsphase nachbesetzt werden muss.
Mit Schreiben vom 16.08.2005 hat der Kläger den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages mit Blockbildung begehrt. Er hat die Arbeitsphase vom 01.01.2006 bis 30.09.2007 und die Freistellungsphase vom 01.10.2007 bis 30.06.2009 gewünscht. Die Beklagte hat unter dem 19.09.2005 das Begehren abgelehnt mit der Begründung, der Dienstposten des Kraftfahrers werde dringend benötigt. Sie hat im Verfahren weiter dazu vorgetragen, die S GmbH habe den Wegfall des Arbeitsplatzes für die Zeit nach Eintritt in die Freistellungsphase nicht bestätigt. Es sei der S GmbH unmöglich; Ersatzkräfte einzustellen, auch Überhangpersonal stehe nicht zur Verfügung. Auf den Arbeitsplatz des Klägers könnten nur solche Arbeitnehmer versetzt werden, die bereits vor der Versetzung dieselbe Vergütungsgruppe wie der Kläger erreicht hätten, da mit der Personalgestellung keine Beförderung verbunden sein dürfe. Trotz der abzubauenden 45.000 zivilen Dienstposten bei der Bundeswehr habe keine Dienststelle Überhangpersonal gemeldet. Da ein Einstellungsstopp gegeben sei, könne der Arbeitsplatz in der Freistellungsphase auch nicht durch neu eingestelltes Personal besetzt werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitarbeitsvertrag gemäß dem Altersteilzeitgesetz und dem TV ATZ nach dem sogenannten Blockmodell mit einer Laufzeit vom 01.12.2005 hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt bis zum 30.06.2009 abzuschließen und ihn für die zweite Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von der Arbeit freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt mit dem Kläger einen Altersteilzeitarbeitsvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt abzuschließen. Hiergegen hat sich der Kläger nicht mit der Berufung gewehrt.
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.05.2006 – 6 Ca 354/06 – abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.
Sie vertritt erneut die Ansicht, dass dringende betriebliche Gründe zur Verweigerung des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages dadurch gegeben seien, dass sie sich vertraglich und durch die von ihr selbst geschaffenen Erlasse dahingehend gebunden habe, Altersteilzeitverträge nur dann abzuschließen, wenn der Beschäftigungsbedarf mit Eintritt in die Freistellungsphase völlig entfalle. Diese Gründen seien dringend im Sinne des § 2 Abs. 3 TV ATZ.
Demgegenüber vertritt der Kläger die Ansicht, dass eine Selbstbindung der Beklagten im Verhältnis zur S GmbH oder durch Erlass nicht geeignet sei, einen tarifvertraglichen Anspruch zu beseitigen. Falls eine Neueinstellung auf seinem Arbeitsplatz erforderlich sein sollte, sei dies mit Ausnahme der finanziellen Auswirkungen unproblematisch möglich. Der Abschlu...