Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertrag. Nachwirkung. abweichende Vereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. § 20 TV-L iVm. § 21 TVÜ-L sehen für den Anspruch auf Jahressonderzahlung anders als die Bestimmungen des Tarifvertrages über eine Zuwendung an Angestellte für Fälle des Ausscheidens bis zum 31.03. des Folgejahres eine Rückzahlungsverpflichtung nicht vor.
2. Im Nachwirkungszeitraum eines Tarifvertrages getroffenen abweichenden vertraglichen Vereinbarungen stehen rechtliche Bedenken nicht entgegenstehen (BAG vom 24. November 1999 – 4 AZR 666/98 – BAGE 93, 24). In diesen Vereinbarungen kann insbesondere wirksam festgelegt sein, dass eine Zuwendung wie eine Weihnachtsgratifikation für Fälle des Ausscheidens vor dem 31.03. des Folgejahres zur Rückzahlung geschuldet ist.
3. Ist nach diesen Vereinbarungen gleichzeitig vertraglich festgelegt, dass die vertraglichen Vereinbarungen lediglich bis zum Inkrafttreten neuer tarifvertraglicher Bestimmungen gelten sollen, so bestimmt sich mit deren Inkrafttreten der vertragliche Anspruch ausschließlich nach diesen neuen tarifvertraglichen Bestimmungen. Sehen diese neuen tarifvertraglichen Bestimmungen für Fälle des Ausscheidens vor dem 31.03. des Folgejahres keine Rückzahlungsverpflichtung vor, scheidet eine derartige Verpflichtung beim Ausscheiden bis zum 31.03. des Folgejahres aus.
Normenkette
TV-L § 20; TVÜ-L § 21
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 24.06.2008; Aktenzeichen 17 Ca 2604/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.06.2008 – 17 Ca 2604/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war aufgrund Arbeitsvertrages vom 28.07.2006 ab dem 01.08.2006 als Krankenschwester bei der Beklagten beschäftigt.
Mit Schreiben vom 01.02.2008 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis „zum 01.04.2008 aus beruflichen Gründen”.
Mit Schreiben vom 08.02.2008 bestätigte die Beklagte den Eingang des Kündigungsschreibens und wies darauf hin, dass mit der Kündigung der Klägerin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2008 bewirkt werde.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde sodann auf den 31.03.2008 abgerechnet und abgewickelt. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält in § 2 folgende Regelung:
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die zur Änderung und Ergänzung abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung einschließlich der Sonderregelungen. Die gekündigten Tarifverträge über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 und über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16.03.1977 werden bis zum Zeitpunkt einer neuen Vereinbarung mit der Maßgabe angewendet, dass für die Höhe der Zuwendung der tarifliche Bemessungssatz, höchstens aber derjenige Bemessungssatz zugrunde gelegt wird, der für vergleichbare Beamte des Arbeitgeber jeweils maßgeblich ist und ein Urlaubsgeld nur gezahlt wird, wenn und soweit vergleichbare Beamte des Arbeitgebers ebenfalls ein Urlaubsgeld erhalten.
Mit dem Entgelt für den Monat November 2007 hat die Klägerin unter der Rubrik sonstige Zahlung eine als Zuwendung bezeichnete Zahlung in Höhe von 2.238,85 EUR erhalten.
In der Abrechnung Februar 2008 hat die Beklagte diesen Betrag unter sonstige Zahlungen unter der Bezeichnung Gegenbuchung Zuwendung wieder in Abzug gebracht.
Die Klägerin verlangt mit der Klage die Auszahlung der rückgebuchten Zuwendung und hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 2.287,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.03.2008 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte stützt den Rückforderungsanspruch auf die Übergangsbestimmung in § 21 Abs. 2 TVÜ-L, wonach besondere Maßgaben für diejenigen Beschäftigten gelten, mit denen arbeitsvertraglich vor dem 31.10.2006 abweichende Vereinbarungen zur Zuwendung und zum Urlaubsgeld getroffen worden seien. Derartige abweichende Vereinbarungen enthalte der Arbeitsvertrag mit der Klägerin, so dass nach Maßgabe der in Bezug genommenen tarifvertraglichen Bestimmungen über die Zuwendung an Angestellte die Rückzahlung der gezahlten Zuwendung geschuldet sei, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 31.03. des auf die Zuwendung folgenden Jahres beendet worden sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten 2.287,43 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass die Klägerin nicht zur Rückzahlung der Zuwendung, die für das Jahr 2007 gezahlt worden ist, verpflichtet sei. Eine Rückkehr zu den Rückzahlungsbestimmungen des Zuwendungstarifvertrages für Angestellte vom 12.10.1993 sei durch die in Kraft getretenen Bestimmungen der §§ 21 TV-L und der Regelungen des Übergangsrechts im TVÜ-L ausgeschlossen.
Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils erster Instanz (Bl. 53 u. 54 d. A.) Bezug genommen. Gegen dieses der Beklagten am 27.08.2008 zugestellte...