Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenausgleich. Namensliste. Sozialauswahl
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtfolgen des § 1 Abs. 5 KSchG (Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung, Überprüfung der sozialen Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit) werden auch durch eine Teil-Namensliste ausgelöst, die nicht alle der kündigungsbetroffenen Arbeitnehmer erfasst. Entscheidend ist, dass sich die Betriebsparteien auf die namentlich genannten Arbeitnehmer endgültig geeinigt haben.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2-3, 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen 8 Ca 8294/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 20.07.2006 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 8 Ca 8294/05 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.
Der am 02.07.1958 geborene Kläger war seit dem 03.02.1992 zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrags vom 24.01.1995 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, als Maschinenschlosser im Bereich Betriebstechnik tätig. Innerhalb dieses Bereichs arbeitete er in der Abteilung Instandhaltung „Produktionswerkstatt”).
Die Beklagte führt in K einen Betrieb zur Herstellung von Druckerzeugnissen. Es handelt sich im Wesentlichen um periodisch erscheinende Druckerzeugnisse für den deutschen und europäischen Markt.
Unter dem 12.07.2005 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan wegen einer Betriebsänderung mit den in der Präambel angeführten Maßnahmen: „Reduzierung der Druckkapazität und Produktion für durchschnittlich 4 Rotationen, Kernarbeitszeiten in der Regel an Werktagen, Anpassung der Personalstärke auf ca. 490 Arbeitnehmer (ohne ATZ)”. Unter Bezugnahme auf den Interessenausgleich erstellten die Beklagte und der Betriebsrat eine am 19.08. bzw. 26.08.2005 unterzeichnete Namensliste, die auch den Namen des Klägers enthält (Anlage B 8).
Am 25.07.2005 zeigte die Beklagte der Bundesagentur für Arbeit die beabsichtigte Massenentlassung an. Die daraufhin festgesetzte Sperrfrist endete am 25.08.2005. Mit Schreiben vom 19.08.2005 informierte die Beklagte den Betriebsrat unter Hinweis auf die im Zusammenhang mit dem Interessenausgleich und Sozialplan durchgeführten Erörterungen über ihre Absicht, den in einer beigefügten Liste aufgeführten Mitarbeitern der Produktionswerkstatt fristgerecht betriebsbedingt zu kündigen.
Mit Schreiben vom 29.08.2005 (Kopie Bl. 3 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.01.2006. Danach trafen die Parteien eine Vereinbarung über die befristete Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum 30.06.2006.
Der Kläger hat die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats und sozialer Rechtfertigung für rechtsunwirksam gehalten.
Er hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungserklärung vom 29.08.2005 nicht beendet wurde.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die mit Gesellschafterbeschluss vom 21.12.2004 getroffene Entscheidung verwiesen, ihre Druckereikapazität spätestens nach dem 31.12.2005 einzuschränken mit dem Ziel, zum Halbjahresabschluss Ende Juni 2006 die bisher mit 8 Rotationsmaschinen durchgeführte Produktion endgültig auf 4 Rotationen zu reduzieren bei gleichzeitigem Wegfall der bisher regelmäßig durchgeführten Samstags- und Sonntagsschichten. Im Bereich der Betriebstechnik habe sich aus der Reduzierung der Produktion eine Halbierung des Personalbedarfs ergeben.
Zur sozialen Auswahl hat die Beklagte zunächst auf die Namensliste verwiesen und ergänzend vorgetragen, die Auswahl aus den vergleichbaren Maschinenschlossern sei nach den im Sozialplan festgelegten Kriterien mit einer Punktebewertung durchgeführt worden, wonach der Kläger mit 87 Punkten auf Platz 6 gestanden habe. In die Namensliste seien diejenigen Arbeitnehmer aufgenommen worden, die sich ohnehin gegen eine Kündigung nicht wehren wollten. Sodann sei die Liste bis zu einem Drittel der zu kündigenden Arbeitnehmer mit denjenigen Personen aufgefüllt worden, die nach den Sozialdaten am wenigsten schutzbedürftig gewesen seien, so dass sich die Betriebsparteien auf deren Kündigung hätten verständigen können.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.07.2006 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe die sich aus § 1 Abs. 5 KSchG ergebende Vermutung, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt gewesen sei, nicht widerlegt und auch eine grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl nicht aufgezeigt. Der Vermutungswirkung stehe nicht entgegen, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf eine vollständige Namensliste hätten einigen können. Schließlich sei auch die Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung ordnungsgemäß erfolgt. Wegen der Ein...