Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 23.08.1996; Aktenzeichen 6 Ca 377/96) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.08.1996 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.569,76 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 05.01.1996 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu zahlen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin hat mit der Klage unter Berufung auf Ziffer XIV (b) der Anlage 1 AVR, deren Geltung zwischen den Parteien vereinbart ist, die Zahlung einer rechnerisch unstreitigen Jahressonderzuwendung für das Jahr 1995 begehrt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde beendet durch folgenden gerichtlichen Vergleich vom 28.09.1995:
- Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger, fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung zum 30.09.1995 sein Ende finden wird.
- Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, daß die Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freigestellt war bzw. freigestellt wird unter Fortzahlung der vertraglichen Vergütung und Anrechnung etwaiger Urlaubsansprüche.
- Die Beklagte zahlt an die Klägerin zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 9.950,– DM (i.W.: neuntausendneunhundertfünfzig Deutsche Mark) brutto = netto.
- Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt
…
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.569,76 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 05.01.1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag der Beklagten erkannt und zur Begründung ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei weder durch Eigenkündigung der Klägerin noch durch einen Auflösungsvertrag beendet worden. Voraussetzung eines entsprechenden Anspruches sei das Fehlen einer arbeitgeberseitig ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung: Anderenfalls fehle die von der AVR-Regelung vorausgesetzte Freiwilligkeit des Ausscheidens im Vorfeld einer drohenden arbeitgeberseitigen Kündigung.
Gegen dieses der Klägerin am 04.11.1996 zugestellte Urteil hat sie am 02.12.1996 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Sie meint weiterhin, auch ein gerichtlicher Vergleich sei ein Auflösungsvertrag, daß die Initiative zu einem solchen Vertrag vom Arbeitnehmer ausgehen müsse, ergebe sich weder aus der § 1 des Zuwendungstarifvertrages zum BAT unstreitig nachgebildeten Vorschrift der AVR noch sei ein solches Erfordernis sinnvoll. Ein derartiges Verständnis der Vorschrift sei völlig unbrauchbar, da letztlich nie abschließend zu klären sei, von wo die Initiative zum Abschluß eines Auflösungsvertrages ausgehe: Vorliegend sei der Klägerin vor Abschluß des gerichtlichen Vergleiches zu keiner Zeit ein Angebot zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages gemacht worden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an die Klägerin 3.569,76 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettoertrag seit dem 05.01.1996 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
Sie folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts und meint im übrigen, auch die Formulierung des gerichtlichen Vergleiches spreche gegen die gesonderte Zahlung einer Weihnachtszuwendung: Wäre dies von den Parteien gewünscht worden, so wäre es ausdrücklich in den Vergleich aufgenommen worden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Urkunden und Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Beschwerdewert an sich statthafte Berufung wurde form- und fristgerecht eingelegt, sie ist mithin zulässig.
Sie hatte auch in der Sache Erfolg. Das Berufungsgericht vermag sich der Auffassung des Arbeitsgericht, ein vor Gericht zur Beendigung einer Kündigungsschutzklage abgeschlossener Abfindungsvergleich erfülle nicht die Voraussetzungen eines „Auflösungsvertrages” im Sinne der Ziffer XIV (b) 1 d der Anlage 1 zur AVR nicht anzuschließen. Die Richtigkeit dieser Auffassung folgt weder aus dem Wortlaut dieser § 1 des Zuwendungstarifvertrages zum BAT nachgebildeten Regelung noch kann diese einschränkende Auslegung dem in der Gesamtregelung zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck der Bestimmung entnommen werden.
Grundsätzlich ist auch ein vor Gericht geschlossener Vergleich, durch den eine Arbeitgeberkündigung ohne rechtskräftiges streitiges Urteil als wirksam anerkannt wird, ein Auflösungsvertrag: Auch ein derartiger Vergleich kommt nur bei Vorliegen übereinstimmender Willenserklärungen zustande, insoweit handelt es sich um einen Vertrag, durch den ein Arbeitsverhältnis aufgelöst wird: Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob allein die Kündigung des Arbeitgebers zu einem vergleichbaren Ergebnis geführt hätte, soll bewußt offen bleiben.
Die Beklagte...