Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Altersdiskriminierung bei der Formulierung "aufgeschlossenes junges Team" in Stellenanzeige. Darlegungslast des Klägers für Benachteiligungsindizien. Keine indizielle Wirkung bei Auflistung dispositiver Wunschkriterien
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall zu behaupteter Altersdiskriminierung bei fehlender Indizdarlegung nach § 22 AGG
Normenkette
AGG §§ 15, 22
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 04.05.2020; Aktenzeichen 1 Ca 5907/19) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 05.04.2020; Aktenzeichen 1 Ca 5907/19) |
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.05.2020 - 1 Ca 5907/19 - teilweise abgeändert und die Klage wird insgesamt abgewiesen.
- Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.04.2020 - 1 Ca 5907/19 - wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Das Gleiche gilt für die Anschlussberufung der Klägerin (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 524 ZPO).
II. Das Rechtsmittel der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, wohingegen die Anschlussberufung der Klägerin erfolglos bleibt. Die Klage ist insgesamt unbegründet.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG aufgrund einer Benachteiligung wegen des Alters. Weder die Stellenanzeige vom 06.05.2019 noch diejenige vom 27.05.2019 enthalten tragfähige Indizien i.S.d. § 22 AGG für eine derartige Benachteiligung.
a) Das gilt zunächst für die erstgenannte Stellenausschreibung. Insoweit hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass sich die von der Klägerin angeführte Wendung "Ein aufgeschlossenes, junges Team" in der Stellenanzeige unter der Überschrift "Wir bieten" findet. Damit werden entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin offensichtlich keine altersdiskriminierenden Anforderungen an die Stellenbewerber zum Ausdruck gebracht, sondern es wird vielmehr allein die aktuelle personelle Zusammensetzung des Teams beschrieben. Das gilt umso mehr, als in der Stellenanzeige auch ein konkretes persönliches Anforderungsprofil formuliert ist. Dieses wird in der unmittelbar anschließenden Rubrik "Was wir erwarten" dargestellt. Erkennbar differenziert die Stellenanzeige also zwischen einer Darstellung der Situation im Betrieb und den Anforderungen an den potenziellen Bewerber. Die Rüge der Klägerin, das Arbeitsgericht "seziere" die Formulierung der Stellenanzeige geht demgegenüber offensichtlich ins Leere. Vielmehr macht sich die erkennende Berufungskammer die zutreffende, ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil insoweit zu Eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug.
b) Gleichermaßen unbegründet ist die Klage soweit die Stellenanzeige vom 27.05.2019 betroffen ist. Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts fehlt es auch insoweit an hinreichendem indiziellen Sachvortrag der Klägerin i.S.v. § 22 AGG.
Nach dieser Vorschrift obliegt es zunächst der Klägerin, Indizien für eine Benachteiligung wegen des Alters vorzutragen und ggf. zu beweisen. Die Klägerin beruft sich insoweit auf die Formulierung der Stellenanzeige vom 27.05.2019. Diese ist aus Sicht der assistenzbedürftigen Person formuliert und enthält zunächst die drei Rubriken "Ich bin:", "Das brauche ich:" und "Ich biete:". Anschließend folgt ein kurzer Hinweis darauf, dass Pflegeerfahrung nicht erforderlich, aber wünschenswert ist. Sodann werden mit der Überschrift "Diese Konstellation hat sich bewährt, aber ich bin theoretisch für alles offen:" persönliche Anforderungsmerkmale formuliert. Dazu heißt es an zweiter Stelle in der listenmäßigen Aufzählung: "Alter: ca. 30-45 Jahre (im Leben angekommen)".
Hierzu hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die letztgenannte Formulierung schließe sprachlich zwar nicht zwingend aus, dass auch unter 30- und über 45jährige Bewerber zum Zuge kommen könnten. Gleichwohl sei eine Altersdiskriminierung aber indiziert, weil aus der Formulierung zumindest eine Privilegierung und damit eine potenziell günstigere Behandlung von Bewerbern einhergehe, die das gewünschte Alter aufwiesen. Dies gilt jedoch allenfalls für eine isolierte Betrachtung der konkret vom Arbeitsgericht in Bezug genommenen Altersformulierung.
Unberücksichtigt gelassen hat das Arbeitsgericht dabei den Gesamtkontext, in dem sich dieser rahmenmäßig formulierte Alterswunsch befindet. Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist insoweit nämlich der dieser Aufzählung von Wunschattributen des potenziellen Bewerbers bzw. der potenziellen Bewerberin im Sinne einer Überschrift vorangestellte Einleitungssatz von entscheidender Bedeutung. Dort ist nicht etwa von einem persönlichen Anforderungsprofil die Rede und anders als in der Stellenanzeige vom 06.05.2019 werd...