Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung als Oberarzt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach der Eingruppierungsregelung im TV-Ä ist derjenige Oberarzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

2. Dafür ist es nicht ausreichend, wenn der Arzt in der Vergangenheit in dienstlichen Unterlagen und Vorlesungsverzeichnissen als Oberarzt bezeichnet worden ist (Titularoberarzt).

3. Auch die Abwesenheitsvertretung des Chefarztes, soweit sie nicht mehr als 50 % der Arbeitszeit ausmacht, reicht hierfür nicht aus.

 

Normenkette

Tarifvertrag-Ärzte (TV-Ä) § 12

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 15.05.2008; Aktenzeichen 3 Ca 3431/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.08.2010; Aktenzeichen 4 AZR 23/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.05.2008 – 3 Ca 3431/08 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, seit wann die Klägerin die tariflichen Merkmale einer Tätigkeit als Oberärztin erfüllt und sie demzufolge in die Entgeltgruppe Oberarzt Ä3, Stufe 3 des mit dem Marburger Bund geschlossenen TV-Ä einzugruppieren ist und ihr daraus folgend Zulagen und Gehaltsdifferenzen zustehen.

Die am 28.05.1955 geborene Klägerin ist seit Januar 1992 bei dem beklagten Universitätsklinikum beschäftigt.

Die Klägerin ist nicht Mitglied im tarifschließenden Marburger Bund.

Das Zentrum für Chirurgische Zahn- Mund- und Kieferheilkunde, in dem die Klägerin arbeitet, steht unter der Leitung des Direktors, Prof. Dr. J. Die Poliklinik, in der die Klägerin tätig ist, wird geleitet von Prof. Dr. W.. Mit Schreiben vom 17.11.1992 teilte Prof. Dr. W. der Verwaltung der Beklagten mit, dass er die Klägerin ab dem 01.12.1992 mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines Oberarztes beauftragen möchte. Mit Schreiben der Beklagten vom 05.02.1998 und 19.03.2001 wurde die Klägerin jeweils zur ersten Stellvertreterin des Direktors ihrer Klinik bestellt. Dasselbe erfolgte durch Schreiben vom 17.11.2005 (Bl. 35 d. A.) für die weitere Dauer von drei Jahren. In jenem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine ständige Vertretung, sondern um eine Abwesenheitsvertretung handele.

Ein von Prof. Dr. W. unter dem 21.02.2005 erstelltes Aufgabentableau sieht folgende Aufgaben der Klägerin vor: „Vertretung des Direktors, Dienst-/Urlaubsplan, Kursorganisation, Examensvorbereitung, Transfusionsbeauftragte und Chargendokumentation, Spezialgebiet: Implantatsprechstunde”.

Außerdem war die Klägerin zur Laserschutzbeauftragten bestellt worden und in der Lehre unter anderem als stellvertretende Prüferin für das zahnmedizinische Staatsexamen tätig.

Im Vorfeld des Inkrafttretens des hier streitgegenständlichen Tarifwerks ließ die Beklagte ihren Mitarbeitern ein Rundschreiben vom 15.08.2006 (Bl. 20 ff. d. A.) zukommen, das Hinweise für eine Zulagengewährung für die Zeit vom 01.07.2006 bis zum 31.10.2006 enthielt. Darin war ausgeführt, dass die Anwendung der Ärztetabelle für die Zulagenberechnung zwingend voraussetze, dass die Ärztin/der Arzt auch tatsächlich eine Wochenarbeitszeit von 42 Stunden leistet (Bl. 21 d. A.).

Zum 01.11.2006 trat der TV-Ä in Kraft. In ihm wurde die Entgeltgruppe Ä 3 – Oberärztin/Oberarzt wie folgt definiert:

„Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.”

Mit Schreiben vom 19.11.2006 (Bl. 67 d. A.) beantragte die Klägerin die Einstufung als Oberärztin und die Zahlung der Zulage bezüglich Oberarzteinstufung für die Monate Juli bis Oktober 2006 gemäß TV-Ä. Mit Schreiben vom 26.01.2007 (Bl. 97 d. A.) entgegnete die Beklagte daraufhin, dass aus den Nachweisungen der Klägerin nicht hervorgehe, wieviel Stunden sie gearbeitet habe. Das Schreiben solle als gegenstandslos betrachtet werden, wenn der Nachweis erfolge, dass die für die Zahlung der Zulage erforderlichen 42 Stunden gearbeitet worden seien.

Mit Schreiben vom 15.10.2007 (Bl. 34 d. A.) wurde die Klägerin mit Wirkung zum 15.09.2007 zur Oberärztin im Sinne von § 12 des geltenden TV-Ä bestellt. Ihr wurde die medizinische Verantwortung für die (Teil-)bereiche „Implantologie und Weiterbildung der Assistenten zum Erwerb der Facharztanerkennung” übertragen. Die Klägerin erhielt daraufhin die Vergütung der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 1 in Höhe von 5.950,00 EUR brutto, und zwar rückwirkend ab dem 01.11.2006.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass sie rückwirkend seit dem 01.07.2006 als Oberärztin einzustufen und zu vergüten sei und ab dem 01.11.2006 Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 3 beanspruchen könne.

Zur Begründung hat die Klägerin geltend...

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