Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdachtskündigung. Betriebsratsanhörung

 

Leitsatz (amtlich)

Bestreitet der Arbeitnehmer die Richtigkeit der Informationen an den Betriebsrat, ist es schon aus Gründen der Sachnähe Aufgabe des Arbeitgebers, darzulegen und notfalls zu beweisen, dass er den Betriebsrat nicht bewusst in die Irre geführt hat (BAG vom 22.09.1994 – 2 AZR 31/94). Bestreitet ein Zeuge, auf den sich der Arbeitgeber für eine Verdachtskündigung beruft, die belastende Aussage gemacht zu haben, auf die sich die Betriebsratsanhörung stützt, muss der Arbeitgeber jedenfalls unter Beweis stellen, wann und wo der Zeuge diese Aussage gemacht haben soll, um seiner Darlegungs- und Beweislast zu genügen.

 

Normenkette

BGB § 626; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Aktenzeichen 7 Ca 965/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten wird, soweit sie sich nicht durch die Teilklagerücknahme hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags erledigt hat, zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagte zu ¾.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilindustrie und beschäftigt weit mehr als 10 Arbeitnehmer.

Der am hellip; 1974 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1991 bei der Beklagten zuletzt als Werkschutzmitarbeiter mit einer monatlichen Bruttovergütung von 4.200,00 EUR beschäftigt.

Im Rahmen eines im Jahr 2009 von dem Kläger gegen seine damalige Ehefrau angestrengten Ermittlungsverfahrens wegen Bedrohung gab die beschuldigte Ehefrau gegenüber der Polizei an, dass der Kläger im Dezember 2007 eine im Eigentum der Beklagten stehende Standheizung der Marke W in die Wohnung ihrer Eltern gebracht habe. Hintergrund hierfür sei gewesen, dass strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit der Kündigung eines anderen Werkschutzmitarbeiters, des Herrn A, erfolgt seien, in deren Rahmen der Kläger eine Durchsuchung seiner Wohnung befürchtet habe. Zu der Vernehmung brachte die damalige Ehefrau des Klägers die Standheizung der Marke W mit.

Die Polizei ging diesen Vorwürfen nach und befragte am 07.12.2009 den Werkschutz der Beklagten zu der Herkunft der Standheizung, die sodann unzweifelhaft als eine im Eigentum der Beklagten stehende Standheizung identifiziert werden konnte. Anhand der Individualnummer auf dem Label der Heizung konnte W feststellen, dass diese für eine Nachrüstung bestimmte Heizung in der Kalenderwoche 46 in 2006 gefertigt wurde. Sie gehörte zu einer Lieferung von 5 Stück und wurde an die F gesendet. Empfänger dieser Lieferung sollte das V sein. Der Kläger hatte als Werksschutzmitarbeiter Zugang zu dieser Halle. Die Sendung wurde am 17.12.2006 in der zentralen Warenannahme angeliefert. Eine Empfangsbestätigung in der konnte nicht beigebracht werden.

Der Kläger wurde zu den Anschuldigungen am 12.01.2010 befragt. Hierbei äußerte er sich zu den Anschuldigungen nicht, gab jedoch an, dass das Ganze ein Komplott seiner Exfrau sei.

Am 15.01.2010 fand ein weiteres Treffen des Werkschutzes mit der damaligen Ehefrau des Klägers statt, welche die Aussage noch einmal bestätigte. Darüber hinaus gab sie an, dass zum Zeitpunkt der Ermittlungen betreffend den ehemaligen Werkschutzmitarbeiter A ein Treffen mit weiteren Werkschutzmitarbeiter nämlich den Herren K, E, A und S sowie dem Kläger stattgefunden habe, bei dem besprochen worden sei, dass aufgrund von weiteren möglichen Hausdurchsuchungen vorhandenes Diebesgut, so auch die Standheizung der Marke W, in Sicherheit gebracht werden müssten.

Im Anschluss an die erneute Befragung der Ehefrau wurde der Kläger am 21.01.2010 in Beisein des Betriebsrats zu den gegen ihn gemachten Anschuldigungen angehört.

Mit Schreiben vom 21.01.2010 hört die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu der von ihr beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers wegen des dringenden Tatverdachts, Straftaten zu ihren Lasten begangen zu haben, an. In diesem Anhörungsschreiben stützte die Beklagte den dringenden Diebstahlverdacht auf die Aussagen der Exfrau des Klägers Frau U. Hinsichtlich des Treffens der Werkschutzmitarbeiter mit dem Inhalt, dass vorhandenes Diebesgut, so auch die Standheizung in Sicherheit gebracht werden müsse, führte sie in der Anhörung aus, dass der Mitarbeiter S eingeräumt habe, dass die Angaben von Frau U zuträfen. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung heißt es zudem wörtlich:

„Zusätzlich bestätigt Herr S den Inhalt des Treffens, in dem es um die drohende Hausdurchsuchungen gegangen ist. Dies macht die Aussage der Nochehefrau vollends glaubwürdig.”

Mit Schreiben vom 02.02.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.06.2010.

Mit seiner am 04.02.2010 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereichten Klage wandte sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass ein wichtiger Grund für die eine außerordentliche Kündigu...

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