Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenbedingte Kündigung eines Seemannes bei arbeitsvertraglicher Wahl des italienisches Recht
Leitsatz (amtlich)
Die vertragliche Vereinbarung der Anwendbarkeit italienischen Rechts wird nicht dadurch unwirksam, dass das Arbeitsverhältnis teilweise im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland vollzogen wird.
Normenkette
EGBGB Art. 30, 34; Codice Civile (Italien) Art. 2110; SGB IX §§ 85 ff.; EGBGB Art. 27 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1, 2 Hs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Hs. 2; SGB IX § 85; BGB §§ 134, 242, 305b Abs. 2, § 611 Abs. 1; AGG § 7; Codice Civile (Italien) Art. 2110 Sätze 1, 2cc
Verfahrensgang
ArbG Rostock (Entscheidung vom 08.02.2013; Aktenzeichen 4 Ca 1588/10) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 08.02.2013 - 4 Ca 1588/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 24.09.2010 am 10.10.2010 endete.
Der 1962 geborene Kläger war seit dem 12.05.2006 als "Second Engineer" und seit dem 17.06.2008 als "Chief Engineer" bei der Beklagten, die ihren Sitz in G., Italien hat, zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt 7.819,00 € beschäftigt. Zum Inhalt des in Deutsch abgefassten Arbeitsvertrages wird auf die Anlagen K1 und K2 - BI.
11 ff. und 15 ff. der Akte - verwiesen. Soweit hier von Interesse heißt es in der Präambel:
"...
zwischen C ... (Beklagte)
und
Herrn K .... K .... (Kläger) ...
wird unter der Voraussetzung, dass
a)
der Arbeitgeber der registrierte Eigner der im Annex A des mit den italienischen Gewerkschaften geschlossenen "Manteltarifvertrags" aufgeführten Kreuzfahrtschiffe ist und
b)
der Arbeitnehmer über die notwendigen Zertifikate und Qualifikationen für die zu besetzende Position an Bord der unter a) genannten Schiffe verfügt, folgendes vereinbart:
...
...
21.
Weiterführende Vereinbarungen und Bestimmungen, die im Arbeitsvertrag nicht berücksichtigt sind, regelt der mit den Gewerkschaften FILT-CGIL, FIT-CISL und ULTRASPORTI abgeschlossene Manteltarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung. Dieser ist Bestandteil dieses Vertrages.
22.
Für die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien ist ausschließlich italienisches Recht maßgeblich. Gerichtsstand für Streitigkeiten aus diesem Anstellungsvertrag ist der Sitz des Arbeitgebers."
Der Einsatz des Klägers erfolgte auf A.-Kreuzfahrtschiffen.
Bei einem Unfall im privaten Bereich wurde dem Kläger am 06.10.2009 der linke Unterarm abgetrennt. Infolgedessen war der Kläger bis zum 24.09.2010 durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachgewiesen arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 01.12.2009 wurde dem Kläger eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 60 Prozent zuerkannt. Ende Februar 2010 wurde dem Kläger eine myoelektrische Prothese angepasst.
In der Folgezeit verweigerte die Berufsgenossenschaft Transport- und Verkehrswirtschaft dem Kläger die Erteilung einer Seediensttauglichkeitsbescheinigung. Zur Begründung berief sie sich auf Ziffer 20 der Anlage 1 der Seediensttauglichkeitsverordnung (SeeDTaugIV), wonach ein Seemann seedienstuntauglich ist, wenn ihm ein Glied fehlt.
Mit Schreiben vom 30.06.2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er rechtliche Schritte unternehme, um die Bescheinigung zu erhalten.
Im gegen die Entscheidung der Berufsgenossenschaft eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht Hamburg am 03.09.2010 die Berufsgenossenschaft Transport und Verkehr - Dienststelle Schiffssicherheit -, dem Kläger längstens für ein Jahr ein Seediensttauglichkeitszeugnis für die Tätigkeit eines leitenden Ingenieurs auf einem Kreuzfahrtschiff, auf dem ihm mindestens 50 Besatzungsmitglieder, darunter 10 Ingenieure, unterstellt sind, zu erteilen. Auf Antrag des Klägers wurde dieser Beschluss unter dem 22.09.2010 dahingehend abgeändert, dass die Mindestanzahl der unterstellten Besatzungsmitglieder auf 25 und die der Ingenieure auf 6 reduziert wurde. Mit Schreiben des Klägers vom 23.09.2010 ist der Beklagten an diesem Tag per Fax durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers angezeigt worden, dass die Entscheidung über eine Seediensttauglichkeit anstehe.
Am 24.09.2010 erhielt der Kläger von der Beklagten die arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Am 30.09.2010 wurde das Seediensttauglichkeitszeugnis von der Berufsgenossenschaft erteilt.
Mit beim Arbeitsgericht Rostock am 14.10.2010 eingegangener Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.
Er hat behauptet, dass die Parteien nach Verweigerung der Seediensttauglichkeitsbescheinigung vereinbart hätten, dass der Kläger weiterhin krank geschrieben bleiben solle, bis ihm die Bescheinigung erteilt werde. In diesem Zusammenhang habe die Beklagte ihm zugesagt, dass er wieder zur See fahren könne, wenn ihm die Bescheinigung erteilt werde. Mit der glei...