Entscheidungsstichwort (Thema)
Zutreffende Eingruppierung einer Verwaltungsmitarbeiterin in einem Pflegeheim auf der Grundlage des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Eingruppierungsmerkmal "vielseitige Fachkenntnisse" fordert im Vergleich zu den "gründlichen Fachkenntnissen" eine Erweiterung des Fachwissens dem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich auf einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben.
2. Ein erweitertes Fachwissen kann durch Fortbildungen, aber auch durch eigenständiges Lernen und langjährige Erfahrungen auf einem Fachgebiet erworben werden.
Normenkette
TVöD-VKA Entgeltgruppe 6
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 17.10.2023; Aktenzeichen 1 Ca 119/23) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 17.10.2023 - 1 Ca 119/23 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auf der Grundlage des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst über die zutreffende Eingruppierung einer Verwaltungsmitarbeiterin in einem Pflegeheim.
Die im November 1975 geborene Klägerin absolvierte vom 01.09.1992 bis zum 31.08.1995 eine Ausbildung zur Bürokauffrau für Organisation in einem Handwerksbetrieb. Am 01.10.2001 nahm sie bei der Beklagten eine Vollzeittätigkeit in der Verwaltung des Pflegeheims "Haus am Bodden" in R.-D. auf. Laut Änderungsvertrag vom 11.03.2002, gültig ab 01.04.2002, hat die Klägerin "Verwaltungsarbeit integriert mit sozialtherapeutischer Tätigkeit" zu leisten.
Das Pflegeheim verfügt über 120 Plätze. Die Beklagte bietet neben der Langzeitpflege auch eine vorübergehende Pflege an, z. B. bei Urlaub oder sonstiger Verhinderung von pflegenden Angehörigen. Die Heimbewohner/innen leiden vielfach an Demenz. Bei bestimmten Krankheitsbildern, z. B. Notwendigkeit einer Beatmung, Weglauftendenz oder Alkoholismus, ist eine Aufnahme ausgeschlossen. Neben der Klägerin ist in dem Pflegeheim ein weiterer Verwaltungsmitarbeiter tätig.
Gegenstand der sozialtherapeutischen Tätigkeit im zugewiesenen Umfang von 10 Wochenstunden ist laut Stellenbeschreibung vom 09.01.2003:
- Anfertigung der monatlichen Heimzeitung
- Materialbeschaffung für die Heimzeitung
- Sammeln von Zuarbeiten von den Heimbewohnern/innen
- Schreiben von Artikeln und Berichten über Veranstaltungen
- Fotoverwaltung und Zuarbeit für die Chronik
- Erstellung von Plakaten und Informationen für Veranstaltungen
- Mitwirkung bei allen Feiern und Veranstaltungen
- Begleitung bei Ausflügen.
Zu den Verwaltungsaufgaben im Umfang von 30 Wochenstunden gehören nach der obigen Stellenbeschreibung u. a. Erledigung von Schreibarbeiten, Ablage von Schriftstücken, Postein- und -ausgang, Kassenführung sowie Beschaffung und Verwaltung von Büromaterial. Darüber hinaus sind Anmeldungen zur Heimaufnahme zu bearbeiten, d. h. Auskünfte zur Heimaufnahme zu erteilen, Anträge entgegenzunehmen sowie Hilfestellungen für Bewohner/innen, Angehörige, Betreuer usw. zu leisten. Die Stelleninhaberin ist zudem für die Sicherstellung des Nachlasses von Verstorbenen und deren Ausgabe an die berechtigten Nachlassempfänger zuständig.
Die Klägerin nahm am 28.09.2005 an einer 6-stündigen Fortbildung "Rechtzeitig vorsorgen mit Vollmacht, Patientenverfügung und Co.", am 08.01.2009 an einer ebenfalls 6-stündigen Fortbildung zum Thema "Pflege und Begleitung demenziell erkrankter Menschen", am 15.09.2010 an einer 6-stündigen Fortbildung "Umgang mit dem Corporate Design und Pflege der Homepage" und am 10.11.2010 an einer 8-stündigen Fortbildung "Für wen arbeite ich eigentlich? Der Servicegedanke in der Verwaltung" teil.
Seit dem 01.01.2015 richtet sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem Haustarifvertrag vom 13.04.2015, abgeschlossen mit der Gewerkschaft Verdi. Der Haustarifvertrag verweist wiederum auf die jeweiligen Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD-VKA). Die Klägerin bezieht die Vergütung der Entgeltgruppe 5 TVöD-VKA. Die Tabellenentgelte entsprechen seit dem 01.01.2020 denen des TVöD-VKA.
Die Beklagte fertigte am 15.03.2018 eine neue Stellenbeschreibung für den Aufgabenbereich "Verwaltungsfachkraft (Pflege)", nach der die Klägerin folgende Aufgaben wahrzunehmen hat:
- Überprüfung der Leistungserfassung und zeitgerechte und korrekte Erstellung der Abrechnungen und Weiterleitung an die entsprechenden Stellen
- Meldung von Urlaubs- und Krankheitstagen
- Sachliche und rechnerische Überprüfung von Rückforderungen
- Entgegennahme, Bearbeitung oder Weiterleitung aller externen Anrufe
- Führen, Aktualisieren und Vervollständigen der Bewohner-/Kundenstammdaten
- Erstellen von Verträgen, Geschäftsbriefen, Plänen, Übersichten, Protokollen usw. nach Vorgaben der Einrichtungsleitung
- Büromaterial- und Briefmarkenbestellungen unter Berücksichtigung des v...