Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierungssystematik im TVöD-V/VKA. Bestimmung des Arbeitsvorgangs als Bezugspunkt der tariflichen Eingruppierung. Leitungstätigkeit in der Regel als einheitlicher Arbeitsvorgang. Keine gesonderte Bewertung von Zusammenhangstätigkeiten zur Leitungstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übernahme einer Leitungstätigkeit spricht regelmäßig für die Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorgangs (BAG, Urteil vom 12.12.2012 - 4 AZR 199/11 - Rn. 15, juris; BAG, Urteil vom 16.05.2012 - 4 AZR 300/10 - Rn. 22, juris; BAG, Urteil vom 15.12.2010 - 4 AZR 170/09 - Rn. 26, juris).
2. Wenn der Leiter einer Organisationseinheit selbst Aufgaben wahrnimmt, die innerhalb des von ihm betreuten Bereichs anfallen, gehören diese Tätigkeiten als Zusammenhangsarbeiten zu seiner Leitungstätigkeit (BAG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 AZR 458/91 - Rn. 17, juris).
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach den Vorgaben des TVöD-K/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Jeder Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf hinsichtlich der Anforderungen nicht aufgespalten werden.
2. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen.
Normenkette
BAT § 22; TVÜ-VKA §§ 29a, 29b; TVöD-V/VKA § 17; TVöD-V/VKA § 16; TVÜ-VKA Anl. 3; TVÜ-VKA § 1 Abs. 1, § 17 Abs. 1 und Anl. 3; BAT-O VKA VergGr. IVa; BAT-O VKA VergGr. IVb; BAT-O VKA VergGr. Vb
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 16.03.2021; Aktenzeichen 13 Ca 251/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund - Kammern Neubrandenburg - wird das Urteil unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung in Satz 1 unter I wie folgt neu gefasst:
I.
Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 08.04.2013 in die Entgeltgruppe 11 Stufe 2 TVöD eingruppiert ist.
II. Die Klägerin trägt 4/5 der Kosten des Rechtsstreits, der Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Eingruppierung, Stufenzuordnung und Zahlung.
Die im Juni 1981 geborene Klägerin ist gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag (Anlagen K 1 - K 3, Bl. 21 ff d.A.) seit September 2005 bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Nach § 4 des Arbeitsvertrages war die Klägerin in der Vergütungsgruppe VIII der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert. Durch Änderungsvertrag vom 31.05.2010 wurde der Begriff "Entgeltgruppe EG 8" durch "Entgeltgruppe EG 9" ausgetauscht. Mit Wirkung zum 08.04.2013 wurde der Klägerin die Sachgebietsleitung "Kreisliche Abfallentsorgung" im Umweltamt übertragen. Es erfolgte eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TVöD.
Auf den klägerischen Antrag vom 05.09.2014, die Eingruppierung für die Stelle "Sachgebietsleiter/in Kommunale Abfallentsorgung" zu überprüfen, antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2019 (Anlage K 7, Bl. 40 d.A.), dass die Tätigkeit der Entgeltgruppe 10 TVöD-V zuzuordnen sei. Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 30.04.2019 (Anlage K 8, Bl. 41 d.A.) rückwirkend ab September 2014 Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 geltend gemacht und dieses Anliegen mit anwaltlichem Schreiben vom 27.09.2019 (Anlage K 9, Bl. 42 ff d.A.) wiederholt. Die Beklagte hat die begehrte Eingruppierung mit Schreiben vom 04.10.2019 (Anlage K 10, Bl. 45, 46 d.A.) abgelehnt. Mit Datum 28.11.2018 hat der Beklagte eine Arbeitsplatzbeschreibung für die klägerische Tätigkeit erstellt (Anlage 10, Bl. 84 ff d.A.). Diese lautet u.a.:
"Arbeitsplatzbeschreibung
Funktionsbezeichnung |
Name, Vorname, (nur bei Aushändigung an MA) |
SGL Kommunale Abfallentsorgung |
A., |
Amt |
Sachgebiet (Nummerierung) |
Umweltamt |
66.4 |
Stellenplannummer/Jahr |
6600.4000 |
1. Tätigkeiten I Arbeitsvorgänge
Lfd.Nr. I Verzeichnis der Tätigkeiten I Zeitanteil (%)
I. Grunds. u. umf. Leitungstätigkeit - 45%
1. Allg. Leitungstätigkeit: Koordinierung d. durch d. Sachgebiet zu leistenden Tätigkeiten; En...