Entscheidungsstichwort (Thema)

Beibehaltung bisheriger Eingruppierungen bei Überleitung in neue Entgeltordnung nach § 29a Abs. 1 S. 1 TVÜ-VKA. Anwendung des Grundsatzes der Tarifautomatik. Ausschluss der Tarifautomatik bei Tätigkeitsänderungen und Höhergruppierungsanträgen. Notwendigkeit von Kenntnissen für bestimmte Tätigkeit für Eingruppierung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Überleitung in die neue Entgeltordnung erfolgt gemäß § 29 a Abs. 1 S. 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der Eingruppierungen, die sich aus den von der Entgeltordnung abgelösten Vergütungssystemen nach dem Grundsatz der Tarifautomatik ergaben. Diese bleiben grundsätzlich auch dann maßgeblich, wenn die unverändert ausgeübte Tätigkeit in der neuen Entgeltordnung anders bewertet ist.

2. Die §§ 29 a ff. TVÜ-VKA setzen nur mit Wirkung für die Zukunft die Tarifautomatik außer Kraft, die erst durch eine Änderung der Tätigkeit oder einen fristgerecht gestellten Höhergruppierungsantrag nach § 29 b Abs. 1 TVÜ-VKA wiederhergestellt wird. Darum verhindert auch § 29 a Abs. 1 S. 2 TVÜ-VKA nicht die Korrektur von Überleitungen aus einer nicht dem Grundsatz der Tarifautomatik entsprechenden Entgeltgruppe (BAG, Urteil vom 22.10.2020 - 6 AZR 74/19 - Rn. 15 ff.).

3. Eine Tätigkeit entspricht einer bestimmten Ausbildung, wenn die Ausbildung notwendig ist, um die Tätigkeit fachgerecht ausüben zu können. Es genügt nicht, dass die Ausbildung lediglich nützlich oder wünschenswert ist. Die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten müssen vielmehr für eine ordnungsgemäße Erledigung der übertragenen Aufgaben erforderlich sein. Das ist der Fall, wenn die Aufgaben ohne diese Qualifikation nicht fachgerecht bearbeitet werden können (BAG, Urteil vom 14.09.2016 - 4 AZR 964/13 - Rn. 16).

 

Normenkette

TVöD-VKA § 12; TVÜ-VKA § 17 Abs. 1, § 29a Abs. 1, § 29b Abs. 1; ArbGG § 66 Abs. 1; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 15.12.2020; Aktenzeichen 13 Ca 287/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund, Kammern Neubrandenburg, vom 15.12.2020 zum Az.: 13 Ca 287/19 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um tarifliche Eingruppierung.

Die im Dezember 1965 geborene Klägerin hat nach Absolvierung eines Studiums an der Ingenieurschule für Bauwesen in N. die Berufsbezeichnung Ingenieur für Hochbau erlangt. Im März 1995 ist ihr die Berechtigung zuerkannt worden, den Grad Diplom-Ingenieurin (FH) (Anlage K 2, Bl. 26 d. A.) zu führen. Gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag (Anlage K3, Bl. 27 d.A.) hat sie im Januar 1991 eine Tätigkeit als vollbeschäftigte Angestellte bei der damaligen Kreisverwaltung N. aufgenommen. Nach dem Arbeitsvertrag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung sowie den für den Arbeitgeber sonstigen geltenden einschlägigen Tarifverträge. Der Arbeitsvertrag nennt eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc/1b der Anlage 1a zum BAT-O. Ab März 1994 wurde der klägerische Arbeitsplatz mit der Vergütungsgruppe Vb/16 nach dem Tech. TV vom 24.04.1991 bewertet. Mit Änderungsvertrag vom 26.05.2005 wurde festgelegt, dass für die Klägerin ab dem 01.07.2005 Vergütungsgruppe IVb gilt. Die Klägerin wird seit dem 01.07.2005 als Sachbearbeiterin in der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses beschäftigt. Im Zuge der Kreisgebietsreform ist das Arbeitsverhältnis zum 04.11.2011 auf den Beklagten übergegangen. Der Beklagte hat die Arbeitsplatzbeschreibung vom 04.12.2014/08.12.2004 (Anlage K 7, Bl. 34 ff. d. A.) gefertigt. Der Beklagte hat die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 erhielt, darüber informiert, dass eine externe Bewertung der Beschreibung ihres Arbeitsplatzes zu einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b, Fallgruppe 1 a BAT-O gelangt sei, welche der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 TVöD (VKA) entspreche. Diese Bewertung gehe vor allem darauf zurück, dass der allgemeine Verwaltungstarif und nicht der Technikertarif zur Anwendung gelange. Die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses haben eine Synopse der Arbeitsplatzbeschreibung aus dem Jahr 2014 in den Vergleich zur ihrer Ansicht nach tatsächlichen Arbeit im Jahr 2016 erstellt (Anlage K, Bl. 39ff.d.A.). Im Ergebnis ist die Arbeitsplatzbeschreibung vom 28.07.2016 (Anlage K 9, Bl. 47 ff. d. A.) erstellt worden.

Die Klägerin hat ab dem 01.01.2017 Vergütung nach der Entgeltgruppe 9c Stufe 6 der Entgeltordnung TVöD VKA erhalten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.03.2017 hat die Klägerin ab dem 01.01.2017 Vergütung nach Entgeltgruppe 10 TVöD VKA erfolglos geltend gemacht. Sie hat für den Zeitraum 02.05.2017 bis 20.12.2017 ihre Tätigkeit dokumentiert (Anlage K 11, Bl. 57 d. A.) und von ihr im Zeitraum 2005 bis 2019 absolvierte Weiterbildungen dargestellt (S. 20, 2...

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