Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. unternehmerische Entscheidung. Darlegungslast des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung setzt die konkrete und nachvollziehbare Darstellung der unternehmerischen Entscheidung durch den Arbeitgeber voraus, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers geführt haben soll.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1; ZPO § 138
Verfahrensgang
ArbG Schwerin (Urteil vom 20.05.2010; Aktenzeichen 6 Ca 1725/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 20.05.2010 – 6 Ca 1725/09 – festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26.08.2009 nicht aufgelöst worden ist.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Der 1963 geborene und verheiratete Kläger ist seit 1991 bei der Beklagten als Kundenbetreuer (Zxxx) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.625,00 Euro beschäftigt.
Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist die Entgegennahme von Sendungen, deren Sortierung und Auslieferung. Über die Hxxx-Logistikgruppe werden Sendungen von Hauptumschlagsbasen an die Betriebsstandorte der Beklagten geliefert, dort entladen, sortiert und zur Auslieferung vorbereitet. Die Auslieferung erfolgt entweder zu Satellitendepots oder direkt an die Kunden.
Die Beklagte entschloss sich, Ende 2008/Anfang 2009 ihre bisherigen Standorte Zxxx (dort bestand ein Betriebsrat) und Bxxx (dort bestand kein Betriebsrat) zu schließen und in dem neuen Betriebsstandort in Nxxx zusammenzufassen.
In dem diesbezüglich zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat in Zxxx am 13.08.2009 geschlossenen Interessenausgleich heißt es – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:
„Präambel
Die xxx schließt zum 24.10.2009 den Standort Zxxx und verlagert die Sortierung der Sendungen Hxxx Logistik Gruppe auf den Produktionsstandort Nxxx.
Betriebsrat und Geschäftsleitung haben hierüber umfassend beraten und Interessenausgleichsverhandlungen geführt. Betriebsrat und Geschäftsleitung schließen daher den nachfolgenden Interessenausgleich:
§ 1 Personalanpassung
1. Auf Grund der Maßnahme sind Personalanpassungen notwendig. Es werden deshalb 9 (davon 7 in Vollzeit und 2 in Teilzeit) in der Niederlassung Zxxx beschäftigte Kundenbetreuer und Lageristen ihren Arbeitsplatz verlieren oder von einer Änderungskündigung betroffen sein. Sie scheiden auf Grund betriebsbedingter Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und/oder an deren Stelle auf Grund Aufhebungsvereinbarung aus dem Arbeitsverhältnis mit der xxx aus. Es bestehen 3 freie Arbeitsplätze im Bereich Fernfahrer, die auf Antrag der Mitarbeiter besetzt werden können.”
Mit Schreiben vom 26.08.2009, dem am Standort in Bxxx tätigen Kläger zugegangen am 27.08.2009, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 28.02.2010 und bot ihm an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.03.2010 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden als Lagerarbeiter zu einer monatlichen Bruttovergütung von 671,00 Euro fortzusetzen. Der Kläger hat dieses Angebot nicht angenommen.
Gegen diese Kündigung richtet sich die am 01.09.2009 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangene Kündigungsschutzklage des Klägers.
Der Kläger hat beantragt:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 26.08.2009 nicht aufgelöst wurde.
Die Beklagte hat beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Mit Urteil vom 20.05.2010 hat das Arbeitsgericht Schwerin die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Kündigung sei nicht gemäß § 102 BetrVG rechtsunwirksam, da ein Betriebsrat in Bxxx nicht gewählt worden sei. Ebenfalls komme eine Rechtsunwirksamkeit der Kündigung gemäß § 85 SGB IX nicht in Betracht. Die Kündigung sei schließlich auch nicht sozialwidrig. Die unternehmerische Entscheidung habe zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers als Kundenbetreuer geführt. Die getroffene Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Nach den der Beklagten vorliegenden Unterlagen habe diese davon ausgehen dürfen, dass der Kläger über keinerlei Unterhaltsverpflichtungen mehr verfüge.
Gegen diese am 18.07.2010 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichtes Schwerin wendet sich der Kläger mit seiner am 11.08.2010 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangenen Berufung. Die Berufungsbegründung ist nach gerichtlicher Fristverlängerung auf den am 07.09.2010 eingegangenen Fristverlängerungsantrag bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangen am 15.10.2010.
Der Kläger geht weiterhin von einer notwendigen Beteiligung des Betriebsrates des Standortes Zxxx aus. Dieses Ergebnis sei auf das im Interessenausgleich festgelegte „Übergangsmandat” zurückzuführen.
Der Arbeitsplatz des Klägers als Zustellfahrer sei nicht weggefallen. D...