Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berufserfahrung als Arbeitsvermittler durch privatwirtschaftlich erworbene Vertriebskompetenz. Vergleich extern erworbener Berufserfahrung mit Fachwissen durch innerbetriebliche Berufserfahrung als Arbeitsvermittler
Leitsatz (amtlich)
1. Hat ein Arbeitsvermittler in einer früheren Tätigkeit in der Privatwirtschaft Vertriebskompetenz erworben, vermittelt ihm dies allein noch keine einschlägige Berufserfahrung im Sinne von § 18 Absatz 5 TV-BA für eine Tätigkeit als Arbeitsvermittler. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Arbeitgeberservice eingesetzt ist.
2. Wird ein Quereinsteiger mit Berufserfahrung als Arbeitsvermittler eingestellt, muss die bereits erworbene Berufserfahrung mit der Berufserfahrung verglichen werden, die von der Bundesagentur selbst ausgebildete Arbeitsvermittler mit vergleichbar langer Berufserfahrung inzwischen erworben haben. Ziel des Vergleichs ist die Frage, ob der Arbeitnehmer durch seine frühere berufliche Tätigkeit Fachwissen erworben hat, das dem Fachwissen von Beschäftigten der Bundesagentur gleichsteht, die aufgrund der Dauer ihre Dienstzugehörigkeit bereits höhere Stufen im Entgeltsystem erreicht haben.
Normenkette
TV-BA §§ 18, 18 Abs. 5 Protokollerklärung Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 08.05.2018; Aktenzeichen 1 Ca 69/17) |
Tenor
1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten mit einem Feststellungsantrag um die tarifgerechte Vergütung des klagenden Arbeitnehmers nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (nachfolgend: TV-BA). In Streit steht einzig die Frage, ob der Kläger innerhalb der ihm zuerkannten Zuordnung zur tariflichen Tätigkeitsebene IV eine höhere Stufenzuordnung nach § 18 TV-BA aufgrund seiner Berufserfahrungen vor Beginn der Beschäftigung bei der Bundesagentur beanspruchen kann.
Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 19. September 2007 bei der beklagten Bundesagentur beschäftigt. Das für die Bundesagentur geltende Tarifwerk ist zumindest auch aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Der Arbeitsvertrag ist allerdings nicht zur Akte gereicht worden.
Zu Beginn seiner Tätigkeit im Jahre 2007 war der Kläger als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben gegenüber Arbeitssuchenden eingesetzt. Seit 2008 ist der Kläger als Arbeitsvermittler im sogenannten Arbeitgeberservice der Beklagten beschäftigt. In dieser Stellung hält oder sucht er den Kontakt zu den Arbeitgebern der Region, um sie bei der Profilierung der zu besetzenden Stellen und bei der Suche nach passenden Arbeitskräften zu unterstützen, aber auch, um ihnen die vielfältigen Möglichkeiten der Unterstützung durch die Bundesagentur bei der Einrichtung von neuen Arbeitsplätzen aufzuzeigen.
Schon 2007, als die Parteien ihre Zusammenarbeit aufgenommen hatten, stand zwischen ihnen in Streit, welcher Erfahrungsstufe der Kläger tarifgerecht zuzuordnen ist. Der Kläger kritisiert, die Beklagte habe zwar seine vielfältigen Kontakte zu Arbeitgebern und auch seine Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Arbeitgeber im Rahmen der Einstellung als "sehr gewünscht" bezeichnet, die Beklagte habe sich jedoch geweigert, diese Vorzüge des Klägers durch eine bessere Stufenzuordnung bei der Eingruppierung zu würdigen.
Die Stufenzuordnung des in der Tätigkeitsebene IV eingruppierten Klägers erfolgte 2007 daher zunächst zur Stufe 1 im Sinne von § 18 TV-BA. Seit September 2008 ist der Kläger der Stufe 2 zugeordnet, seit September 2010 der Stufe 3, seit September 2013 der Stufe 4. Seit September 2016 ist er aufgrund eines gewährten vorzeitigen Stufenaufstiegs nach §§ 18 Absatz 6, 19 Absatz 2 TV-BA der Stufe 5 zugeordnet.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er seit September 2015 Vergütung nach der Stufe 5 verlangen könne und seit September 2016 nach der Stufe 6 sowie, dass die nachzuzahlende Vergütung wegen Verzuges zu verzinsen sei. - Weiter zurückliegende Zeiträume hat der Kläger in seinen Feststellungsantrag nicht aufgenommen, da er akzeptiert, dass mögliche ältere Nachzahlungsansprüche wegen der tariflichen Regelung zur Ausschlussfrist nicht mehr durchsetzbar sind. Dessen ungeachtet baut seine Argumentation nach wie vor darauf auf, dass bereits 2007 seine erstmalige Zuordnung zur Stufe 1 tarifwidrig gewesen sei und sich der damalige Fehler bis heute fortsetzte. Schon seinerzeit bei seiner Einstellung im Jahre 2007 hätte er mindestens der Stufe 4 zugeordnet werden müssen.
Der Unterschied zwischen der tatsächlichen Vergütung des Klägers und der vom Kläger verlangten besseren Vergütung hat bei Klageinreichung rund 200 Euro brutto monatlich betragen.
Vor Beginn seiner Tätigkeit für die Bundesagentur war der Kläger von 1995 bis 2004 Produktionsleiter bei der S.-B. GmbH in B-Stadt. Diese Position umfasste nicht nur Aufgaben aus dem Bereich der Herstellung von Backwaren, sondern auch Aufgaben im Bereich der Kundenbetreuun...