Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungszeitraum der tariflichen Jahressonderzahlung im öffentlichen Dienst der Länder bei nahtloser Weiterbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

Die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L bemisst sich auch dann nach dem Referenzzeitraum Juli bis September, wenn der Arbeitsvertrag später befristungsbedingt endet und der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss daran nahtlos weiterbeschäftigt wird, sofern zwischen beiden Verträgen eine rechtliche Einheit besteht. Der Ersatzbemessungszeitraum des § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L kommt in diesem Fall nicht zur Anwendung, da das Arbeitsverhältnis nicht nach dem 31. August begonnen hat. Wird lediglich die Dauer der Arbeitszeit verändert, während alle anderen Regelungen, insbesondere die Grundlagen der Entgeltzahlung, die Eingruppierung und die Art der Arbeitsleistung gleich bleiben, liegt eine rechtliche Einheit vor, sodass von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis auszugehen ist.

 

Normenkette

TV-L § 20 Abs. 3 Sätze 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 27.11.2014; Aktenzeichen 4 Ca 99/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.03.2017; Aktenzeichen 10 AZR 623/15)

 

Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 26.11.2014 - 4 Ca 99/14 - wird im noch rechtshängigen Umfang zurückgewiesen.

Das erstinstanzliche Urteil wird zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger eine weitere Sonderzahlung gemäß § 20 TV-L für das Jahr 2013 in Höhe von € 828,33 brutto zu zahlen.

2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Jahressonderzahlung aus § 20 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) für das Jahr 2013, insbesondere über die Berechnung der Jahressonderzahlung im Falle einer Verringerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.

Der am 03.03.1977 geborene, schon zuvor bei dem beklagten Land beschäftigte Kläger schloss am 08./12.09.2011 mit Wirkung zum 01.10.2011 einen nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG befristeten Arbeitsvertrag mit einer Laufzeit bis zum 30.11.2013 bzw. bis zur Beendigung des Drittmittelprojekts. Gegenstand des Vertrages ist das Drittmittelprojekt "POLAR-TP 3.H: Werkzeuge zur strukturmechanischen und strömungstechnischen Optimierung modularer Wohn- und Serviceeinheiten" mit der Projektnummer 6313 0082. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme u. a. der TV-L in der für den Bereich des Landes Mecklenburg-Vorpommern jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Kläger ist in der Entgeltgruppe 13 Ü TV-L eingruppiert. Das Tabellenentgelt richtet sich nach der Stufe 4b.

In der Folgezeit änderten die Parteien die ursprünglich vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 50 v. H. einer Vollbeschäftigung mehrfach ab. In dem streitgegenständlichen Zeitraum von Januar bis November 2013 war der Kläger wie folgt tätig:

Zeitraum

Regelmäßige Arbeitszeit

01.01. - 17.01.2013

50/100

18.01. - 17.07.2013 (Elternzeit)

25/100

18.07. - 30.09.2013

100/100

01.10. - 30.11.2013 (Vertragsende)

50/100

Das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt im Zeitraum Juli bis September 2013 betrug € 3.887,36.

Ab dem 01.12.2013 beschäftigte das beklagte Land den Kläger auf der Grundlage eines neuen befristeten Arbeitsvertrages weiter, wiederum gestützt auf § 2 Abs. 2 WissZeitVG. Dieser Arbeitsvertrag, geschlossen am 19./21.11.2013, bezieht sich auf das Drittmittelprojekt "Strömungsuntersuchung von Rauchabzügen und Feststellung des Optimierungspotentials" mit der Projektnummer 6319 1053 und hat eine Laufzeit bis zum 28.02.2014. Die Parteien vereinbarten eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 25 v. H. einer Vollbeschäftigung. Auch dieser Arbeitsvertrag enthält eine Bezugnahmeklausel auf das einschlägige Tarifrecht. Die Vergütung richtet sich wiederum nach der Entgeltgruppe 13 Ü TV-L.

Das beklagte Land berechnete die Jahressonderzahlung 2013 auf der Grundlage des zum 01.12.2013 geschlossenen Arbeitsvertrags nach dem Dezemberentgelt in Höhe von € 1.126,25 brutto und zahlte an den Kläger unter Berücksichtigung des seiner Eingruppierung entsprechenden Prozentsatzes (30 v. H.) € 337,88 brutto bzw. € 183,08 netto.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land habe die Jahressonderzahlung 2013 falsch berechnet, da es nur von dem Monat Dezember ausgegangen sei und nicht den tarifvertraglichen Referenzzeitraum Juli bis September zugrunde gelegt habe. Er habe während des gesamten Jahres 2013 ununterbrochen bei dem beklagten Land gearbeitet. Es widerspreche deshalb dem Sinn und Zweck der Jahressonderzahlung, allein auf den Dezember abzustellen. Die Jahressonderzahlung solle die bisher geleistete Arbeit honorieren und die Betriebstreue belohnen. Abgesehen davon werde der Kläger wegen der Befristung seines Arbeitsverhältnisses gegenüber einem unbefristet Beschäftigten ohne sachlichen Grund schlechter gestellt.

Der Kläger hat erstinstan...

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