rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe. Verjährung

 

Leitsatz (amtlich)

Ansprüche des im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse verjähren in zwei Jahren, vom Ende des Jahres der Fälligkeit an gerechnet.

 

Normenkette

BRAGO §§ 121, 16; BGB § 196 Abs. 1 Nr. 15

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 15.12.1992; Aktenzeichen 9 Ca 12203/88)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagtenvertreters gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts München vom 15.12.1992 – Az.: 9 Ca 12203/88 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der antragstellende Rechtsanwalt begehrt von der Landeskasse die gesetzliche Vergütung bei Prozeßkostenhilfe.

Mit Beschluß vom 5.12.1988 wurde dem Beklagten Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihm zugleich der Antragsteller als Prozeß Vertreter beigeordnet. Mit Beschluß vom 30.12.1988 hat das Gericht angeordnet, daß Termin zur Streitverhandlung auf Antrag einer der beiden Parteien bestimmt werde. Danach haben die Parteien das Verfahren nicht weiter betrieben.

Mit Antrag vom 9.7.1992, bei Gericht eingegangen am 10.7.1992, hat der Beklagtenvertreter die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse beantragt. Der Vertreter der Staatskasse hat der Festsetzung widersprochen, die Einrede der Verjährung erhoben und die Auffassung vertreten, die Ansprüche des beigeordneten Anwaltes gegen die Staatskasse verjährten in zwei Jahren, vom Ende des Jahres ihrer Fälligkeit an gerechnet. Der Antragsteller ist der Auffassung, es gelte die dreijährige Verjährungsfrist nach Art. 71 AG BGB.

Der Rechtspfleger hat den Antrag mit Beschluß vom 25.9.1992 zurückgewiesen. Der Erinnerung des Antragstellers hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen; die Richterin hat sie mit Beschluß vom 15.12.1992 zurückgewiesen. Hiergegen beschwert sich der Antragsteller.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde ist statthaft gemäß § 128 Abs. IV BRAGO und auch im übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, da der Vertreter der Staatskasse die Einrede der Verjährung erhoben hat und die Ansprüche des Beklagtenvertreters gegen die Staatskasse verjährt sind, §§ 121, 16 BRAGO, 196 Abs. I Nr. 15, 198, 201, 222 Abs. I BGB. Im einzelnen gilt:

1. Der im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Anwalt hat gegen die Staatskasse einen Vergütungsanspruch nach § 121 BRAGO. Es handelt sich bei diesem Anspruch nicht etwa um einen Aufopferungsanspruch (a. A. Riedel-Sußbauer § 121 BRAGO, Anm. 45 ff), sondern um einen besonderen gesetzlichen Vergütungsanspruch öffentlich-rechtlicher Natur. Auf diesen Anspruch wäre die dreijährige Verjährungsfrist nach Art. 71 Abs. I S. 1 Nr. 2 AG BGB anzuwenden, wenn nicht anderes bestimmt wäre i. S. v. Art. 71 Abs. I S. 1 AG BGB. In § 196 Abs. I Nr. 15 BGB ist jedoch etwas anderes bestimmt, und die Vorschrift gilt auch für die Ansprüche des beigeordneten Anwaltes:

2. Nach ganz herrschender Meinung, der sich die erkennende Kammer anschließt, findet die Vorschrift des § 196 Abs. I Nr. 15 BGB auch auf die öffentlich-rechtlichen Ansprüche des im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Anwaltes Anwendung, so daß die Ansprüche des beigeordneten Anwaltes in zwei Jahren, vom Ende des Jahres der Fälligkeit an gerechnet, verjähren (Tschischgale-Satzky, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Aufl., S. 266 f; Palandt-Heinrichs, 51. Aufl., § 196 BGB Anm. 28; MünchKomm-Feldmann, 2. Aufl., § 196 BGB Anm. 35; Soergel-Walter, 12. Aufl., § 196 BGB, Anm. 59; Staudinger-Dilcher, 12. Aufl., § 196 BGB, Anm. 74; Erman-Hefermehl, 9. Aufl., § 196 BGB, Anm. 22; RGRK, 12. Aufl., § 196 BGB, Anm. 48; Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl., § 121 BRAGO, Anm. 6; Gerold-Schmidt-von Eicken, 11. Aufl., § 121 BRAGO, Anm. 8; OLG München, AnwBl. 85, 596, mit Druckfehler im Leitsatz und ablehnender Anmerkung von Chemnitz; KG RPfl. 88, 122, alle mit zahlreichen weiteren Nachweisen; a.A. Riedel-Sußbauer, 6. Aufl., § 121 BRAGO, Anm. 46, auf der Grundlage der unzutreffenden Annahme eines Aufopferungsanspruchs).

Wie sich z. B. aus §§ 196 Abs. I Nr. 17 und aus § 197 BGB ergibt, sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht von vorneherein und in jedem Fall auf bürgerlich-rechtliche Ansprüche beschränkt. Außerdem ist die Tätigkeit des beigeordneten Anwaltes wie in allen anderen Fällen anwaltlicher Tätigkeit vor den Zivil- und Arbeitsgerichten privatrechtlicher Natur. Zum einen bedarf es trotz der Beiordnung einer Vollmacht der Partei, zum anderen wird weder zwischen Anwalt und Partei noch zwischen Anwalt und Justizverwaltung ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis begründet. Nur weil der Anwalt gehindert ist, seinen auch in diesem Fall gegen den Mandanten entstehenden Vergütungsanspruch, §§ 124, 130 BRAGO, selbst einzuziehen, § 122 Abs. I Nr. 3 ZPO, wird dem Anwalt für seine privatrechtliche Tätigkeit ein Anspruch gegen die Staatskasse eingeräumt. Dieser Anspruch setzt voraus, daß alle gebührenrechtlichen Voraussetzungen, wie sie im Verhältnis des Anwalts zum Mandanten vorlie...

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