Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebühr bei Feststellung eines Vergleichstexts nach § 278 Abs. 6 ZPO. Terminsgebühr für Prozessvertreter
Leitsatz (redaktionell)
1. Bereits der Antrag, die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf einen Vergleichsabschluss zu erstrecken, schließt eine Einigungsgebühr von 1,5 aus. Denn ein solcher Antrag ist konkludent mit der Mitteilung eines Vergleichstextes zur Feststellung nach § 278 Abs. 6 ZPO angebracht worden.
2. Der Prozessvertreter erhält eine 1,2-Terminsgebühr, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, einvernehmlich zwischen den Parteien nach § 307 ZPO bzw. 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Diese Terminsgebühr entsteht nicht nur für die Vertretung vor dem Gericht, sondern auch bei Wahrnehmung außergerichtlicher Termine und Besprechungen.
Normenkette
ZPO §§ 128, 278 Abs. 6, §§ 307, 495a; RVG § 45 Abs. 1, § 48 Abs. 1; RVG-VV Nrn. 1000, 1003 Abs. 1 S. 1, Nr. 3104 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Aktenzeichen 9 Ca 1123/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der beklagten Partei wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - dahingehend geändert, dass dem Prozessbevollmächtigten der beklagten Partei weitere € 115,20 (1,2 Terminsgebühr) aus der Staatskasse zu entrichten sind.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der dem Prozessbevollmächtigten der beklagten Partei aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung.
Die Klagepartei hat sich mit Klage vom 9. Juni 2020 beim Landgericht Landshut auf Auskunfts-/Rechenschaftslegung gegen die beklagte Partei gewandt. Mit Beschluss vom 23. November 2020 hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für nicht gegeben erachtet und den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht Regensburg verwiesen. Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2021 hat die beklagte Partei Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung unter Beiordnung ihres nachmaligen Prozessbevollmächtigten beantragt (Bl. 2 d. PKH-Heftes).
Das Arbeitsgericht hat der beklagten Partei mit Beschluss vom 2. März 2021 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und der nunmehrigen Parteivertreter als Prozessvertreter beigeordnet.
Mit Beschluss vom 6. Mai 2021, nachdem die Güteverhandlung ohne Erfolg geblieben war, hat das Arbeitsgericht den Parteien einen Vergleichsvorschlag unterbreitet (Bl. 205 ff. d. A.). Diesem haben beide Seiten zugestimmt. Unter dem Datum 18. Juni 2021 hat das Gericht nachfolgenden Vergleich festgestellt:
"1. Die Beklagte zahlt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an die Klägerin 6000,00 € zur Abgeltung der streitgegenständlichen Forderung. Dieser Betrag kann in Raten bezahlt werden: Die erste Rate i.H.v. 100,00 € ist am 01.06.2021, die Folgeraten in gleicher Höhe sind jeweils am ersten Kalendertag der Folgemonate fällig. Bei vollständiger Zahlung der ersten 30 Raten, wird der Restbetrag erlassen. Kommt die Beklagte mit einer Rate ganz oder teilweise länger als 14 Kalendertage in Rückstand, so wird der gesamte Restbetrag sofort fällig und ist ab diesem Zeitpunkt mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
2. Darüber hinaus bestehen aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung keine finanziellen Ansprüche mehr.
3. Die Klägerin erklärt, dass sie an einer strafrechtlichen Verfolgung der Klägerin in diesem Zusammenhang kein Interesse (mehr) hat.
4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.
5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben."
Mit Beschluss vom 1. Juli 2021 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren auf 5.036,53 €, für den Vergleich auf 20.146,11 € festgesetzt (Bl. 220 d. A.).
Auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten der beklagten Partei vom 30. Juni 2021 hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 1. Juli 2021 (Bl. 29 d. PKH-Heftes) die bewilligte Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsabschluss erstreckt.
Der Prozessbevollmächtigte der beklagten Partei hat mit Schreiben vom 6. Juli 2021 die Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung in Höhe von € 1.751,68 beantragt (Bl. XII f. d. Kostenheftes). Dabei hat er eine 1,5 Einigungsgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr auf den Mehrvergleich angesetzt. Die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts hat mit Beschluss vom 19. Juli 2021 die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten auf € 1.398,61 festgesetzt. Dabei hat sie ausgeführt, die Terminsgebühr könne lediglich aus dem Streitwert des Verfahrens, nicht aber aus dem Vergleichswert ersetzt werden, weswegen sie aus dem Gegenstandswert von € 5.036,53 auf € 320,40 festgesetzt worden sei. Zudem bestehe nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts München keinen Anspruch auf eine 1,5 Einigungsgebühr für den erweiterten Streitgegenstand im Vergleich. Die Einigungsgebühr bemesse sich daher aus dem Vergleichswert von € 20.146,11 auf € 363,00, wobei die Umsatzsteuer auf € 223,31 zu verringern sei (Bl. XIV ...