Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsatz von Zahlungsansprüchen aus einem gerichtlichem Vergleich zur Deckung der Prozesskosten eines Rechtsstreits um Benachteiligung
Leitsatz (amtlich)
1. Zahlungsansprüche aus einem gerichtlichen Vergleich sind nur dann vom Vermögenseinsatz gem. § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 SGB XII ausgenommen, wenn der Rechtsgrund des § 15 Abs. 2 AGG im arbeitsgerichtlichen Vergleich zum Ausdruck gekommen und der Vergleich nicht lediglich zur Beseitigung der Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens abgeschlossen worden ist.
2. Es kann daher im entschiedenen Verfahren offen bleiben, ob im Hinblick auf den Präventationszweck der Entschädigungszahlung gem. § 15 Abs. 2 AGG der Einsatz desjenigen Teiles der Entschädigung zu verlangen ist, dem keine Ausgleichsfunktion zukommt.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3, § 120a Abs. 3; SGB XII § 90; AGG § 15 Abs. 2; SGB XII § 90 Abs. 3; ZPO § 278 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 28.03.2017; Aktenzeichen 8 Ca 4119/16) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 30.05.2017 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 28.03.2017 - 8 Ca 4119/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den teilweisen Einsatz einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zur Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten.
Der Beschwerdeführer und Kläger hat zu 1. in der Klageschrift einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 21.610,80 € und zu 2. einen Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1 AGG in Höhe von 2.124,60 € erhoben sowie zu 3. Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger jedweden materiellen Schaden zu erstatten, der ihm daraus entstehe, dass er bei der Besetzung der Stelle "Verkaufsberater Kundenservice Outbound Beschäftigungsbeginn 01.03.2016" nicht berücksichtigt worden sei.
Durch Beschluss vom 28.11.2016 hat das Arbeitsgericht München - 8 Ca 4119/16 - festgestellt, dass zwischen den Parteien gemäß § 278 Abs. 6 ZPO ein gerichtlicher Vergleich zustande gekommen ist, nach dessen Ziff. 1 die Beklagte "an den Kläger unter Aufrechterhaltung der wechselseitigen Rechtsstandpunkte zur Abgeltung der mit dem zu Nr. 1 angekündigten Klageantrag geltend gemachten Forderung einen Betrag in Höhe von 15.000,00 €" zahle. Damit sollten sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus und im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Bewerbungen des Klägers bei der Beklagten abgegolten und erledigt sein, Ziff. 2 des Vergleichs. Gleichzeitig hat das Arbeitsgericht München in diesem Beschluss dem Kläger für den Antrag zu 1. in Höhe von 10.802,40 € sowie für die Anträge zu 2. und 3. rückwirkend ab 06.05.2016 Prozesskostenhilfe für die erste Instanz einschließlich des Vergleichsabschlusses bewilligt und Herrn Rechtsanwalt B. beigeordnet. Monatsraten wurden nicht festgesetzt. Im Übrigen wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfegewährung zurückgewiesen.
Gegen diesen, seinem Prozessbevollmächtigten am 05.12.2016 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 07.12.2016 sofortige Beschwerde beim Arbeitsgericht München eingelegt und beantragt, Prozesskostenhilfe für die Klage insgesamt zu bewilligen. Durch Beschluss vom 12.12.2016 hat das Arbeitsgericht unter Abänderung seines früheren Beschlusses dem Kläger in einer Höhe von insgesamt 25.610,80 € Prozesskostenhilfe bewilligt und Herrn Rechtsanwalt B. beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 23.12.2016 erklärte der Kläger, dass mit der Abänderung des Prozesskostenhilfebeschlusses durch das Gericht Einverständnis bestehe und die weitergehende sofortige Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss insoweit zurückgenommen werde.
Im zum Gz. 25 Ca 10418/16 vor dem Arbeitsgericht München geführten Rechtsstreit machte der Kläger gegen die dortige Beklagte einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Mit in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2016 geschlossenen Vergleich erwarb der Kläger einen Zahlungsanspruch in Höhe von 3.500,00 €.
Durch Beschluss vom 24.01.2017 hat das Arbeitsgericht München die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung antragsgemäß auf 1.739,78 € festgesetzt.
Nachdem das Verfahren gemäß Eingangsstempel am 26.01.2017 der Bezirksrevisorin am Landesarbeitsgericht München vorgelegt worden ist, hat diese am 30.01.2017 sofortige Beschwerde beim Arbeitsgericht München eingelegt. Die Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt 18.500,00 € aus dem hiesigen und dem Verfahren zum Gz. 25 Ca 10418/16 habe der Kläger zur Deckung der Prozesskosten einzusetzen. Die geleisteten Entschädigungszahlungen seien im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH (vgl. Beschluss vom 10.01.2006 - VI ZB 26/05 - NJW 2006, 1068) nicht mit einem Schmerzensgeld vergleichbar. Die AGG-Entschädigung diene der Prävention, während beim Schmerzensgeld vor allem die schadensausgleichende Funktion, nach der das Leben des Geschädigten dadurch im gewissen Umfang erleichter...