Entscheidungsstichwort (Thema)
Drei- oder Mehrschichtbetrieb. Tarifauslegung Drei- oder Mehrschichtbetrieb
Leitsatz (amtlich)
Eine mindestens dreischichtige Produktion oder eine Arbeitszeit in drei Schichten im Sinne des MTV ist jedenfalls dann gegeben, wenn die persönliche Arbeitszeit des Mitarbeiters oder einer Gruppe von Mitarbeitern in einem vorher festgelegten Rhythmus wechselt, dergestalt, daß er im Verlauf eines kompletten Schichtdurchlaufes zu jeder möglichen Tageszeit einmal gearbeitet hat.
Normenkette
Durchführungsbestimmungen (1a) zu § 3
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Urteil vom 28.02.1997; Aktenzeichen 8 Ca 3868/96) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 28.02.1997 – Az.: 8 Ca 3868/96 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein tariflicher Anspruch auf teilweise Bezahlung der gesetzlichen Pausen zusteht.
Der Kläger arbeitet bei der Beklagten im Bereich Zeitungsfertigmacherei zu einem Stundenlohn von DM 26,73 brutto.
In den Durchführungsbestimmungen 1 a zu § 3 – Arbeitszeit – des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland (im weiteren MTV) ist bestimmt:
Arbeitnehmer, die in drei- oder mehrschichtiger Produktion arbeiten, erhalten ab dem 1. April 1988 als Bestandteil der Arbeitszeit je Schicht 12 Minuten der gesetzlichen Pause bezahlt.
Hierzu ist am 19.1.1988 folgender Schiedsspruch ergangen:
Begünstigte im Sinne der Durchführungsbestimmungen (1 a) zu § 3 Zif. 1 MTV sind die Arbeitnehmer, die persönlich in drei- oder mehr als dreischichtigem Wechsel arbeiten.
Ab dem 2.6.1996 galt in der Zeitungsfertigmacherei der im Tatbestand des Ersturteils wiedergegebene mit dem Betriebsrat vereinbarte Schichtplan, wobei zwischen den Parteien Einigkeit besteht, daß dieser für den Mittwoch der Schicht 1 einen Schreibfehler enthält und die Arbeitszeit der Schicht 1 am Mittwoch von drei Uhr am Morgen bis 12 Uhr mit einer Pause von 7.00 Uhr bis 7.30 Uhr dauerte.
In der Anlage zum Schichtplan ist geregelt, daß jede der vier Schichten eine Gruppe darstellt, die bei „Anlauf” des Schichtplanes namentlich festgelegt wird. Die Gruppen rollieren wöchentlich und bleiben in der Regel gleich besetzt, soweit dem nicht Krankheit oder Urlaub entgegenstehen.
Der Kläger ist der Auffassung, er arbeite in mindestens dreischichtiger Produktion. Dabei sei nicht erforderlich, daß eine Schichtmannschaft die andere ablöse. Entscheidend sei vielmehr, daß seine persönliche wöchentliche Arbeitszeit durch den rollierenden Schichtrhythmus sich auf unterschiedliche Tageszeiten verteile.
Der Kläger, der eine Pausenbezahlung nicht erhalten hat, verlangt für die Monate Juni und Juli 1996 Bezahlung von je 12 Minuten der gesetzlichen Pause pro Arbeitstag in rechnerisch unstreitiger Höhe von DM 112,27. Der Kläger hat daher beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 112,27 brutto nebst 4 % Zins aus dem jeweiligen Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Meinung, der Kläger arbeite zwar im Schichtbetrieb, nicht aber in einem Drei- oder Mehrschichtbetrieb. Ein solcher setze einen durchgängig rollierenden Rhythmus von Frühschicht, Spätschicht und Nachtschicht, also einen Durchfahrtbetrieb voraus. Keinesfalls könnten bloße versetzte Arbeitszeiten, wie sie der Kläger leiste, ausreichen, denn andernfalls wäre der Anspruch schon dann begründet, wenn der Arbeitszeitbeginn der Gruppen nur wenige Minuten auseinanderläge. Dies sei aber offenkundig nicht gewollt.
Im übrigen ergebe sich aus der Tarifgeschichte, daß die zwölfminütige Pause nur bezahlt werden solle, wenn in dem Betrieb bereits vor dem 1.4.1988 drei- oder mehrschichtig gearbeitet und die Pause bezahlt worden sei. Insoweit handele es sich darüber hinaus um eine unzulässige Effektivlohnklausel.
Das Arbeitsgericht bat der Klage mit Endurteil vom 28.8.1997 stattgegeben. Hinsichtlich seiner tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Würdigung wird auf sein Urteil Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 2.12.1997 zugestellte Urteil am 31.12.1997 Berufung einlegen und die Berufung nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 2.3.1998 am 17.2.1998 begründen lassen.
Beide Seiten verfolgen ihre Anträge weiter und wiederholen hierzu ihre Sachdarstellung und Rechtsauffassung. Insoweit wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 89/96 d.A.), die Berufungserwiderung (Bl. 111/116 d.A.) sowie den gesamten übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I.
Die Berufung ist statthaft gemäß § 64 Abs. I, II ArbGG, da das Arbeitsgericht sie zugelassen hat, und auch im übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Frist und in der vorgeschriebenen Form eingelegt und begründet worden, §§ 11 Abs. II, 66 Abs....