Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplanabfindung. Ausschlussfrist. Sozialplan. Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf eine Sozialplanabfindung ist kein „vertraglicher Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis” im Sinne von § 24 Satz 1 MTV-DBV Winterthur
Normenkette
BetrVG § 112
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 03.12.2004; Aktenzeichen 37 Ca 23675/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin vom 7. Februar 2005 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Dezember 2004 abgeändert.
2. Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin EUR 21.686,21 brutto nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 1. April 2000 zu bezahlen.
3. Die Beklagten haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Für die Beklagten wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Abfindung aus dem Sozialplan vom 17. Mai 1999 (Blatt 18 bis 28 der Akte).
Die im November 1964 geborene Klägerin ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin zuletzt im Service-Zentrum München als Sachbearbeiterin in der Abteilung telefonischer Schadendienst beschäftigt gewesen. Im Zuge unternehmerischer Umstrukturierungen war ihr zunächst mit der TR. A. V. AG geschlossenes Arbeitsverhältnis schließlich bei der Beklagten zu 2) unter Beitritt der Beklagten zu 1) geführt worden.
Unter dem 17. Mai 1999 haben die W. V. mit dem Gesamtbetriebsrat einen Rahmeninteressenausgleich (Blatt 13 bis 17 der Akte) und einen Sozialplan (Blatt 18 bis 28 der Akte) geschlossen. Im Rahmeninteressenausgleich heißt es:
1. Geltungsbereich
Dieser Rahmeninteressenausgleich gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter … wegen der Maßnahmen im Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung der Unternehmen. …
2. Ziele und Strukturen
Kern der strategischen Neuausrichtung sind die weitere Umsetzung der Bildung von Geschäftsfeldern (Zielgruppen) … sowie die Nutzung von Synergien …. Der Gesamtbetriebsrat nimmt dabei zur Kenntnis, daß damit eine Reduzierung von Arbeitsplätzen verbunden ist. …
3. Personelle Maßnahmen
Für die Jahre 1999 bis 2005 ergibt sich der pro Jahr ins Auge gefaßte Personalabbau aus dem Ergebnis des Beratungsverfahrens gemäß Ziffer 4. Die Unternehmen verpflichten sich, in einzelnen Teilinteressenausgleichen über eine Überdeckung gegenüber den jeweiligen Jahressollzahlen und über einen Verzicht auf betriebsbedingte Entlassungen … zu verhandeln. …
4. … Beteiligungsverfahren zwischen Unternehmen und Gesamtbetriebsrat
a) Es besteht Einvernehmen darüber, daß die einzelnen Teilmaßnahmen der strategischen Neuausrichtung erst umgesetzt werden dürfen,
wenn Teilinteressenausgleiche i.S. von § 112 BetrVG über die jeweils beschriebenen Teilmaßnahmen zustande gekommen sind, …”
Nach Nr. 7 des Rahmeninteressenausgleichs gilt zur Vermeidung oder Milderung möglicher wirtschaftlicher Nachteile der „mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene … Sozialplan vom heutigen Tage”. Der Sozialplan vom 17. Mai 1999 enthält folgende Regelungen:
„§ 2 Geltungsbereich
Dieser Sozialplan findet Anwendung auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, soweit diese ab 1. Januar 1999 in einem ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben ….
§ 3 Nachteilsausgleich
1. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis infolge der im Rahmeninteressenausgleich vom heutigen Tage genannten unternehmerischen Maßnahmen endet, sei es durch arbeitgeberseitige (Änderungs-)Kündigung, einen arbeitgeberseitig veranlaßten Aufhebungsvertrag oder durch Eigenkündigung nach Erhalt eines Angebots eines unzumutbaren Arbeitsplatzes, erhalten Leistungen, deren Höhe sich entsprechend nachfolgenden Regelungen ermittelt. …
2. Abfindung
…
4. Fälligkeit
Der Anspruch auf die Abfindung entsteht frühestens mit der rechtskräftigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Zahlung wird mit dem nächsten Gehaltslauf fällig. …
§ 4 Entfallen der Abfindung bei zumutbarem Arbeitsplatzangebot
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Angebot eines zumutbaren neuen Arbeitsplatzes nicht annehmen und deren Arbeitsverhältnis deshalb endet, haben keinen Anspruch auf Leistungen gemäß § 3.
Ein neuer Arbeitsplatz ist zumutbar, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
…
3. Regionale Zumutbarkeit
Die Entfernung zwischen bisherigem und neuem Arbeitsort darf höchstens 50 km betragen ….
§ 11 In-Kraft-Treten und Dauer
Dieser Sozialplan tritt mit seiner Unterzeichnung in Kraft. Er ist erstmals zum 31.12.2005 kündbar.”
Auf einer Informationsveranstaltung am 26. und 27. Oktober 1999 teilte die Beklagte den Arbeitnehmern des Servicezentrums München mit, dieses werde zum 31. Dezember 2001 geschlossen; seine Aufgaben würden auf die Zentren H., K. und W. verlagert. Die Beklagte sagte jedem Mitarbeiter die Weiterbeschäftigung in einem dieser Zentren zu. In einem an alle Mitarbeiter des Servicezentrums gerichteten Schreiben vom 3. Dezember 1999 erläuterte die Beklagt...