Entscheidungsstichwort (Thema)
Untersagung einer Stellenbesetzung und Rückgängigmachung einer bereits erfolgten Stellenbesetzung. Unbegründeter Eilantrag eines Stellenberwerbers bei unzureichender Glaubhaftmachung eines Bewerbungsverfahrensanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH vom 28.07.2016 (C-423/15) gilt auch für den Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG, dass nur derjenige, der eine Stelle tatsächlich erhalten will, in den Schutzbereich der Norm fällt und nicht derjenige, dem es lediglich darum geht, den formalen Status als Bewerber zu erhalten, mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen. Auch ein Antrag auf einstweilige Verfügung ist dann unbegründet. Ist eine Bewerbung so gestaltet, dass die Erfolgschancen des Bewerbers von Anfang an minimiert sind, ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Bewerbung nur vorgeschoben ist.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2; AGG; GG Art. 19 Abs. 4; AGG § 15; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 29.06.2016; Aktenzeichen 8 Ga 77/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 29.06.2016 - 8 Ga 77/16 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Verfahren zur Einstweiligen Verfügung im Rahmen eines Konkurrentenrechtsstreits um die Untersagung einer Stellenbesetzung bei der Beklagten bzw. um Rückgängigmachung einer unter Umständen bereits erfolgten Stellenbesetzung.
Die Verfügungsbeklagte veröffentlichte Mitte April 2016 in der Jobbörse der Agentur für Arbeit eine Anzeige einer Stelle als "Senior Spezialist HR Recht (m/w) (Jurist/in)". Wegen des genauen Wortlauts der Stellenausschreibung wird auf die Anlage A1 (Bl. 27 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Verfügungskläger bewarb sich mit Schreiben vom 15.04.2016 auf diese Stelle. Mit dem Verfügungskläger haben sich 5 weitere Interessenten beworben. Der Verfügungskläger legte seiner Bewerbung einen Lebenslauf bei, der unter der Bezeichnung "Beruf" als erstes in der chronologischen Reihenfolge "seit 20.07.2015 arbeitslos" enthält und bis dahin seine Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt und HR-Business Consultant sowie als HR-Manager und ein Trainee-Programm an bundesweiten Standorten wiedergibt. Zu den Einzelheiten der Bewerbung und des Lebenslaufs wird auf die Anlage A2 (Bl. 30 ff. d.A.) verwiesen.
Unter dem 06.05.2016 erhielt der Verfügungskläger eine Ablehnung durch die Verfügungsbeklagte. Zum Wortlaut dieses Ablehnungsschreibens wird auf die Anlage A3 (Bl. 33 d.A.) verwiesen. Unter dem 18.05.2016 forderte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte auf, ihn die dem Auswahlprozess zugrunde liegende Dokumentation zukommen zu lassen. Hierfür setzte der Verfügungskläger eine Frist bis 25.05.2016.
Unter dem 01.06.2016 (Zugang beim Arbeitsgericht München am gleichen Tag) begehrte der Verfügungskläger die Unterlassung einer Stellenbesetzung sowie ggf. Rückgängigmachung zunächst vom E.. Nachdem das Landesamt für Finanzen unter dem 08.06.2016 mitteilte, dass der E. in diesem Verfahren nicht passiv legitimiert sei, weil es sich bei der Verfügungsbeklagten um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handle, die in eigenem Namen handle, beantragte der Verfügungskläger Rubrumsberichtigung auf die jetzige Verfügungsbeklagte, was zunächst mit Beschluss vom 13.06.2016 zurückgewiesen wurde. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht München vom 20.06.2016 wurde die Verfügungsklage der jetzigen Verfügungsbeklagten am 21.06.2016 zugestellt.
In der mündlichen Verhandlung am 27.06.2016 legte die Verfügungsbeklagte eine Synopse sowohl zum Verfügungskläger als auch zu den zum Erstgespräch eingeladenen 4 Bewerbern zur Einsicht vor.
Der Kläger ist der Ansicht, dass keine nachvollziehbare Dokumentation des Auswahlprozesses stattgefunden habe. Der Personalrat hätte zudem beteiligt werden müssen. Bei zutreffender Entscheidung wäre die Stelle mit ihm zu besetzen.
Der Verfügungskläger beantragte erstinstanzlich:
Dem Verfügungsbeklagten wird im Wege der Einstweiligen Verfügung vorläufig, längstens bis 2 Wochen nach erneuter Entscheidung über die Bewerberauswahl, untersagt, die ihm zu besetzende Stelle als "Senior Spezialist HR Recht (m/w)" zu besetzen;
hilfsweise
eine bereits erfolgte Besetzung rückgängig zu machen.
Die Verfügungsbeklagte beantragte,
die Klageabweisung.
Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, dass auf sie Art. 33 Abs. 2 GG nicht anwendbar sei. Es würde sich vorliegend auch nicht um ein öffentliches Amt handeln. Die Bewerbung des Klägers sei auch nicht ernsthaft, was sich daraus ergebe, dass er fehlerhaft den E. zunächst verklagt habe. Auch wenn man von einer Dokumentationspflicht ausgehen wollte, sei dieser nachgekommen worden. Bei der Auswahl sei zunächst auf die Examensnote und, wenn diese unter den Anforderungen der Stelle gelegen habe, auf kompensatorische andere Fähigkeiten oder Kenntnisse geachtet worden. Die Entscheidung gegen den Verfügungskläger sei aufgrund dessen Noten...