Entscheidungsstichwort (Thema)
ANGEMESSENHEIT DER AUSBILDUNGSVERGÜTUNG. Ausbildungsvergütung. Angemessenheit. GEMEINNÜTZIGER VEREIN ALS AUSBILDER
Leitsatz (amtlich)
Die ständ. Rechtsprechung des BAG, nach der eine die tariflichen (oder branchenüblichen) Sätze um mehr als 20 % unterschreitende Ausbildungsvergütung auch dann noch angemessen i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG ist, wenn es sich um eine vollständig von der öffentlichen Hand finanzierte Ausbildung handelt (insbes. Ue. 11.10.1995 und v. 15.11.2000, AP Nrn. 6 und 9 zu § 10 BBiG), findet auch dann Anwendung, wenn der Ausbildungsvertrag mit einem gemeinnützigen Verein geschlossen wird, dessen Gründung von einem Arbeitgeberverband initiiert wurde mit dem Ziel, im Rahmen eines befristeten Programms zusätzliche Lehrstellen anzubieten, wobei die Ausbildung in Mitgliedsbetrieben des Arbeitgeberverbandes durchgeführt wird.
Dies gilt auch dann, wenn die Ausbildungsvergütungen der im selben Betrieb für den gleichen Beruf ausgebildeten Jugendlichen damit unterschiedlich sind, je nachdem, ob der Ausbildungsvertrag mit dem Ausbildungsunternehmen direkt abgeschlossen ist und Vergütung nach den einschlägigen tariflichen Vergütungssätzen beinhaltet oder mit dem gemeinnützigen Verein, der nur eine (auch deutlich) geringere Ausbildungsvergütung bezahlt.
Normenkette
BBiG § 10 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 09.11.2000; Aktenzeichen 34 Ca 3418/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9.11.2000 (Az.: 34 Ca 3418/00) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Ausbildungsvergütung des Klägers.
Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Gründung auf eine Initiative des … zurückgeht. Der Verband der …, bei dem der Beklagte nicht Mitglied ist, startete 1996 eine zeitlich befristete Ausbildungsinitiative mit dem Ziel, zusätzlich zu den in der … gemeldeten Lehrstellen weitere 1000 Ausbildungsstellen in anerkannten gewerblichen Ausbildungsberufen der … anzubieten. Hieran beteiligten sich etwa 120 Mitgliedsunternehmen des … Die Ausbildungsverträge mit den Auszubildenden wurden mit dem Beklagten geschlossen, wobei die Ausbildung selbst in … Mitgliedsfirmen als Mitgliedern des Beklagten stattfand. Der Beklagte schloss hierzu mit den jeweiligen Mitgliedsunternehmen einen Ausbildungsübernahmevertrag, der die Durchführung der Berufsausbildung der Auszubildenden regelte. Die Ausbildungsvergütung wurde vom Beklagten gezahlt, und zwar nach folgender Regelung:
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1. Ausbildungsjahr: |
850,– DM |
(brutto), |
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2. Ausbildungsjahr: |
960,– DM |
(brutto). |
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3. Ausbildungsjahr: |
1.060,– DM |
(brutto) und |
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4. Ausbildungsjahr: |
1.130,– DM |
(brutto) |
(ab März 1999 leicht erhöht).
Die Mittel für die Finanzierung der Ausbildungsvergütung erhielt der Beklagte durch einen Zuschuss des VBM sowie durch Mitgliedsbeiträge der teilnehmenden Unternehmen.
Der am 25.5.1981 geborene Kläger schloss mit dem Beklagten einen Berufsausbildungsvertrag (Bl. 7 d.A.), nach dem er im Zeitraum vom 1.9.1997 bis 28.2.2001 im Ausbildungsberuf „Industriemechaniker” mit dem Schwerpunkt „Produktionstechnik” im Betrieb Amberg/Oberpfalz der Firma … ausgebildet werden sollte. Im Berufsausbildungsvertrag sind als Ausbildungsvergütung die obigen Vergütungssätze angegeben.
Der Kläger machte die Differenzansprüche zwischen der tatsächlich gezahlten Ausbildungsvergütung und der tariflichen Ausbildungsvergütung geltend, die an die Auszubildenden der Firma … in deren Betrieb Amberg er ausgebildet wurde, gezahlt wurde.
Der Kläger hat in beiden Rechtszügen vorgetragen, dass er gemäß § 10 Abs. 1 BBiG Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung habe, was nach der ständigen Rechtsprechung des BAG voraussetze, dass sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütung um nicht mehr als 20 % unterschreite. Unter notwendiger Berücksichtigung der tariflich geregelten Ansprüche auf Urlaubsgeld (50 % der täglichen Ausbildungsvergütung je Urlaubstag), anteiligen 13. Monatseinkommens (35 % bzw. 45 % eines Monatseinkommens), der vermögenswirksamen Leistungen (26,– DM monatlich) sowie Fahrtkosten für Tage des Berufschulbesuches (3,50 DM/Tag) habe die vom Beklagten tatsächlich gezahlte Ausbildungsvergütung 80 % der im Ausbildungsbetrieb der Firma … geltenden einschlägigen tarifvertraglichen Ausbildungsvergütung deutlich unterschritten, so dass eine angemessene Ausbildungsvergütung nicht gegeben gewesen sei. Dem stehe nicht die Rechtsprechung des BAG entgegen, wonach bei zu 100 % von der öffentlichen Hand finanzierten Ausbildungen auch Ausbildungsvergütungen, die erheblich unter der tariflichen Ausbildungsvergütung der Ausbildungsbetriebe liegen, noch angemessen im Sinn des § 10 Abs. 1 BBiG sein könnten. Im vorliegenden Fall gebe es keine Finanzierung durch die öffentliche Hand, so dass es keine Rechtfertigung für ein Auseinanderfallen der...