Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliches Organisationskonzept bei Teilzeitverlangen
Leitsatz (amtlich)
Das Verlangen einer einem Notar zugewiesenen Fachkraft nach einer Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG kann nicht ohne Prüfung der Belange im Einzelfall wegen eines entgegenstehenden Organisationskonzepts abgelehnt werden.
Normenkette
TzBfG § 8
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 08.05.2008; Aktenzeichen 13 Ca 17734/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 8.5.2008 – 13 Ca 17734/07 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin.
Die am 26.10.1960 geborene Klägerin wurde zum 1.4.1986 als vollbeschäftigte Angestellte bei der Beklagten eingestellt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 17.3.1986 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach der Anlage zu Art. 22 der Satzung der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung. Soweit darin nichts Anderes bestimmt ist, gelten für das Arbeitsverhältnis der BAT und die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge sowie die sonstigen für die Angestellten des Freistaates Bayern maßgeblichen Bestimmungen entsprechend.
Die Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Nach § 113 BNotO gehört zu ihren Aufgaben u.a. die Beschäftigung von fachkundigen Mitarbeitern, die den Notaren im Tätigkeitsbereich der Beklagten als Sachbearbeiter zur Dienstleistung zugewiesen werden.
Die Notare bilden die bei ihnen beschäftigten Fachangestellten zunächst selbst aus. Nach dem Bestehen der Notarfachangestelltenprüfung können die Angestellten an einem Auswahlverfahren der Beklagten teilnehmen. Wer dieses Auswahlverfahren erfolgreich abgeschlossen hat, kann in das Verzeichnis der Inspektoranwärter eingetragen werden. Die Inspektoranwärter haben dann während einer dreijährigen Vorbereitungszeit Lehrgänge zu besuchen und schriftliche Aufgaben zu bearbeiten. Die Inspektoranwärter, die nach dem Ende der Zusatzausbildung die Prüfung bestanden haben, werden in aller Regel von der Beklagten übernommen. An den Prüfungsterminen nehmen jeweils ungefähr 20 Kandidaten teil. Von den Inspektoren mit bestandener Prüfung werden höchstens ein bis zwei pro Termin nicht übernommen, und zwar diejenigen mit den schlechtesten Noten.
Im Tätigkeitsbereich der Beklagten, der sich auf den Freistaat Bayern und den Bezirk des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken erstreckt, gibt es insgesamt über 550 Notarstellen, verteilt auf über 240 Orte. Die Beklagte beschäftigt etwa 700 Mitarbeiter, die den Notarstellen zur Dienstleistung zugewiesen werden. Nach Richtlinien des Verwaltungsrats der Beklagten über die Festsetzung von Regelstellen (Bl. 92 ff d.A.) erhalten jede Notarstelle mindestens eine Regelstelle, Doppelämter mindestens zwei Regelstellen, also Stellen für den Notaren zugewiesene Fachkräfte. Bei Einzelämtern ist die Zahl der Regelstellen auf zwei begrenzt, bei Doppelämtern auf vier. In den Richtlinien ist die Beschäftigungsmöglichkeit von Teilzeitkräften wie folgt geregelt:
Einzelämter mit einer Regelstelle und Doppelämter mit zwei oder drei Regelstellen können über die nach Ziffer 2a) und b) festgesetzte Anzahl der Regelstellen hinaus eine Fachkraft der Notarkasse, die aus familiären oder gesundheitlichen Gründen in Teilzeit arbeitet oder Altersteilzeit im Teilzeitmodell absolviert, mit der halben tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit gegen Zahlung des halben Besoldungsbeitrages beschäftigen nach folgenden Maßgaben:
bei Einzelämtern:
Notarstellen mit einem Geschäftsanfall von über 1.250 bereinigten Urkundsnummern;
bei Doppelämtern:
Doppelämter mit einem Geschäftsanfall von über 2.500 bzw. 3.500 bereinigten Urkundsnummern.
Die Zahlen der bereinigten Urkundsnummern bei a) und b) beziehen sich auf den Durchschnitt pro Jahr, der aus den letzten fünf bzw. drei Jahren ermittelt ist, je nachdem, wonach sich die höhere Durchschnittszahl ergibt.
An ihrem Sitz beschäftigt die Beklagte etwa 55 Verwaltungsangestellte, davon etwa zehn Teilzeitkräfte, ohne dass bei diesen notwendigerweise familiäre Gründe für eine Teilzeit vorliegen müssen.
Die Klägerin befand sich vom 8.5.1987 bis 14.11.1998 nach der Geburt ihrer beiden Kinder in Mutterschutz bzw. Elternzeit und Sonderurlaub wegen Kindererziehung. Danach wurde ihr eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15 b Abs. 1 a BAT bewilligt. Mit mehreren Änderungsverträgen wurde der Umfang der Teilzeittätigkeit mehrmals geändert und der Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung verlängert. Im letzten Änderungsvertrag vom November 2005 (Bl. 12 d.A.) ist auch geregelt, dass die Klägerin ab 1.2.2008 wieder voll beschäftigt wird, sofern ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit über diesen Zeitpunkt hinaus nicht erneut ermäßigt wird. Zum 1.12.2007 wurde die Klägerin, die davor den Notaren E. und Dr. W. in M. zugeteilt war, dem Notar E. in München zugewiesen. Im Notariat E. sind eine weitere Beschäftigte der Beklagten in Teilzeit und eigene An...