Entscheidungsstichwort (Thema)
betriebsbedingte Kündigung. Interessenabwägung
Leitsatz (amtlich)
Erfolglos gebliebene betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers mit langjähriger Betriebszugehörigkeit.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 03.11.2005; Aktenzeichen 25 Ca 4605/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten vom 19. Dezember 2005 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 3. November 2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung.
Der im Juni 1950 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1. August 1965 bei der Beklagten beschäftigt gewesen, zuletzt auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 16. April 2004 (Blatt 5 bis 11 der Akte) als Verkaufsleiter in München-G. Dabei gehörten zu seinen Aufgaben neben der durch den Arbeitgeber zu definierenden Leitungsfunktion alle in der Filiale anfallenden Arbeiten, insbesondere die Warenannahme, der Warentransport, die Warenpflege, der Warenverkauf, die Bearbeitung von Kundenreklamationen sowie Kassentätigkeit.
Im Februar 2003 und unter dem 24. März/8. April 2004 vereinbarten die jeweils zuständigen Betriebspartner der P. GmbH/der Beklagten einen Interessenausgleich (Blatt 35 bis 42 der Akte, Blatt 43 bis 48 der Akte und Blatt 50 bis 56 der Akte).
Mit Schreiben vom 8. März 2005 (Blatt 56 der Akte) hörte die Beklagte den zuständigen Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers an; der Betriebsrat widersprach dieser Absicht mit Schreiben vom 11. März 2005 (Blatt 69/70 der Akte).
Die Beklagte hielt an ihrer Absicht jedoch fest und sprach dem Kläger mit Schreiben vom 14. März 2005 (Blatt 14 der Akte) eine ordentliche Kündigung zum 31. Oktober 2005 aus. Dieser ließ dagegen mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 24. März 2005 Kündigungsschutzklage erheben verbunden mit einem Beschäftigungsantrag und er hatte damit vor dem angerufenen Arbeitsgericht München auch Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 3. November 2005 wird Bezug genommen.
Mit der am 19. Dezember 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 22. November 2005 zugestellte Entscheidung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist am 23. Januar 2006 eingegangen. Darin wird dem Arbeitsgericht vorgehalten, verkannt zu haben, dass es arbeitsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn ein Arbeitgeber die Entscheidung treffe, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren. Vom Arbeitgeber könne in diesem Zusammenhang auch nicht verlangt werden, darzulegen, in welchem Umfang der Kläger normale Verkäufertätigkeiten verrichtet habe, um prüfen zu können, ob bei den verbleibenden Mitarbeitern der Filiale keine überobligatorische Leistungsverdichtung eintrete. Sowohl das unternehmerische Konzept als auch der damit verbundene Beschäftigungsüberhang innerhalb der Filiale seien substantiiert dargelegt worden. Dem Arbeitsgericht wird vorgehalten, das Discount-Konzept, so wie es in der Filiale in München praktiziert werde, nicht nachvollzogen zu haben. Mit wie vielen Arbeitnehmern eine Discount-Filiale betrieben werde, obliege der alleinigen Entscheidung des Arbeitgebers. Durch diese neue vereinfachte Discount-Struktur könnten die nunmehr noch anfallenden Tätigkeiten mit einer reduzierten Belegschaft durchgeführt werden. Eine überobligatorische Leistungsverdichtung trete bei den verbleibenden Arbeitnehmern dadurch nicht ein. Das geänderte Verkaufskonzept einer Discount-Filiale beruhe gerade nicht mehr auf einem personalintensiven Fachberatungskonzept. Im Vordergrund stehe der bloße Abverkauf mit einer personellen Minimalbesetzung. Durch die einheitliche Schaffung von Arbeitsplätzen, die mit Arbeitnehmern besetzt werden, die alle in der Filiale anfallenden Tätigkeiten übernehmen können, sei systemimmanent, dass dauerhaft keine überobligatorische Leistungsverdichtung bei den in dieser Discount-Filiale tätigen Arbeitnehmern entstehen könne. Im Zweifel gingen Engpässe nämlich zulasten der Kunden. Dies sei Teil der unternehmerischen Entscheidung, um wirtschaftlich bei der bestehenden Konkurrenzsituation überhaupt überleben zu können.
Das gleichzeitig verringerte Sortiment sei nunmehr so präsentiert, dass sich ein Kunde selbst anhand von Displays, die gut sichtbar im Ladenbereich angebracht wurden, orientieren könne.
Die Erfahrung der Beklagten in anderen Märkten, die seit 2003 als solche Discount-Filiale betrieben werden, habe gezeigt, dass das neue Verkaufssystem funktioniere, und zwar ohne Überstunden bei den verbleibenden Arbeitnehmern zu verursachen.
Mit dem Streitfall vergleichbare Entscheidungen werden zitiert und so lautet der Berufungsantrag:
Unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts München vom 3. November 2005 – 2...