Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzstandszulage. Tarifvertrag. Fleischbeschauer
Leitsatz (amtlich)
Die Auslegung von § 25 TV-Fleischuntersuchung ergibt nicht, dass gezahlte Zuschläge für besondere Fleischuntersuchungen im Sinne von § 12 Abs. 3 TV Ang aöS in die Berechnung einer Besitzstandszulage einzubeziehen sind. Auch die Protokollerklärung zu § 24 Abs. 4 TV-Fleischuntersuchung lässt diesen Schluss nicht zu.
Normenkette
TV-Fleischuntersuchung § 25
Verfahrensgang
ArbG Lüneburg (Urteil vom 27.04.2010; Aktenzeichen 2 Ca 198/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 27. April 2010 – 2 Ca 198/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Zulagen für Zusatzuntersuchungen bei der Berechnung einer tariflichen Besitzstandszulage, die dem Kläger nach tariflicher Umstellung der Bezahlung nach Stückzahlen auf Stundenlohn gewährt wird.
Der Kläger ist Veterinärmediziner. Er ist bei dem Beklagten seit dem 1. Dezember 1982 als Tierarzt beschäftigt. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages vom 30. März 2001, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 11 bis 13 d. A.), finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die tariflichen Bestimmungen über die Regelungen der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (im Folgenden: TV Ang aöS) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Gemäß §§ 2 und 5 seines Arbeitsvertrages vom 30. März 2001 wird der Kläger zur Untersuchung von Schlachttieren und Fleisch im neu gebildeten Schlachttier- und Fleischuntersuchungsbezirk A-Stadt und für Trichinenuntersuchungen im Beschauamt B-Stadt (Versandschlachterei C.) eingesetzt. Darüber hinaus vertritt er den Leiter des Beschauamtes und nimmt als sein Vertreter zusätzlich Rückstandsuntersuchungen, bakteriologische Fleischuntersuchungen und sonstige, weitergehende Untersuchungen vor. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Ergänzungsbeschau gemäß § 12 Absatz 3 in Verbindung mit § 24 TV Ang aöS. Sämtliche Gehaltsbestandteile des Arbeitsentgeltes errechneten sich auf der Basis der tatsächlich untersuchten Schlachttiere. Des Weiteren ist der Kläger mit der Vertretung im Schlachttier- und Fleischuntersuchungsbezirk D-Stadt und E-Stadt betraut. Es erfolgte eine sogenannte Stückvergütung. Rückwirkend zum 15. September 2008 trat der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Beschäftigten in der Fleischuntersuchung (im Folgenden: TV-Fleischuntersuchung) in Kraft. Er sieht eine Umstellung von Stück- auf Stundenvergütungen in Großbetrieben mit einer Schlachtzahl von über 20 Großvieheinheiten vor. Der neue Tarifvertrag verändert maßgeblich die Entlohnung des Personals in Großbetrieben. Während die bisherige Entlohnung zwischen Stückvergütung für bestimmte Arbeitsleistungen und Stundenvergütung für andere Leistungen differenzierte, erfolgt nach dem neuen Tarifrecht die Bezahlung auf Stundenlohnbasis. Die Umstellung auf Stundenvergütung ist mit Einkommenseinbußen verbunden, die nach den Berechnungen des Klägers für ihn monatlich 1800 Euro ausmachen. § 5 TV-Fleischuntersuchung sieht eine Besitzstandszulage vor, die bei zukünftigen Tariferhöhungen und abhängig von der Beschäftigungszeit in einem Zeitraum von vier bis acht Jahren abgeschmolzen wird. Da § 25 Absatz 2 TV-Fleischuntersuchung lediglich auf die gezahlte Summe der Stückvergütung nach § 12 Absatz 1 Unterabsatz 3 TV Ang aöS, § 12 Absatz 1 Unterabsatz 3 TV Ang aöS und 50 v. H. der Zuschläge nach § 2 TV Ang aöS, § 12 TV Ang-O aöS verweist, fließen die nach § 12 Absatz 3 TV Ang aöS in der Vergangenheit gezahlten Zuschläge für Rückstandsuntersuchungen, weitergehenden Untersuchungen und bakteriologischen Fleischuntersuchungen nicht in die von der Beklagten geleistete Besitzstandszulage ein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auch die in § 12 Absatz 3 TV Ang aöS geregelten Untersuchungen seien entgegen dem Wortlaut des Tarifvertrages zur Ermittlung der Besitzstandswahrung einzubeziehen. Er beruft sich auf die Protokollerklärung nach § 25 TV-Fleischuntersuchungen zu Satz 3, die lautet:
„Waren im Referenzzeitraum von der Anlage 2 des TV aöS, TV Ang-O aöS aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung abweichende Stückvergütungen vereinbart, sind diese maßgebend.”
Dieser Protokollerklärung sei der Wille der Tarifvertragsparteien zu entnehmen, dass abweichende arbeitsvertragliche Regelungen im Hinblick auf die Berechnung der Besitzstandszulage wertend einbezogen werden müssten und es keine Schlechterstellung von Angestellten geben dürfe, wenn vom Tarifrecht abweichend individualvertragliche Vereinbarungen im Arbeitsverhältnis gelebt worden seien. Daraus folge, dass die individuellen Verhältnisse bei der Entlohnung des Klägers für die Berechnung der Besitzstandszulage heranzuziehen seie...