Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzstandszulage. Tarifvertrag. Fleischbeschauer
Leitsatz (amtlich)
Die Auslegung von § 25 TV-Fleischuntersuchung ergibt nicht, dass gezahlte Zuschläge für besondere Fleischuntersuchungen im Sinne von § 12 Abs. 3 TV Ang aöS in die Berechnung einer Besitzstandszulage einzubeziehen sind. Auch die Protokollerklärung zu § 24 Abs. 4 TV-Fleischuntersuchung lässt diesen Schluss nicht zu.
Normenkette
TV-Fleischuntersuchung § 25
Verfahrensgang
ArbG Lüneburg (Urteil vom 27.04.2010; Aktenzeichen 2 Ca 266/09 E) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg – 2 Ca 266/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Zulagen für Zusatzuntersuchungen bei der Berechnung einer tariflichen Besitzstandszulage, die dem Kläger nach tariflicher Umstellung der Bezahlung nach Stückzahlen auf Stundenlohn gewährt wird.
Der Kläger ist Veterinärmediziner. Er ist bei dem Beklagten seit dem 1. Mai 1985 als Fleischbeschauer beschäftigt. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 7 d. A.), finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die tariflichen Bestimmungen über die Regelungen der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (im Folgenden: TV Ang aöS) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages war der Kläger bisher für die Fleischbeschau- und Trichinenuntersuchungen im Beschauamt A. (Versandschlachterei B.) zuständig. In Vertretung des Leiters dieses Amtes war er in der Vergangenheit zusätzlich mit den Rückstandsuntersuchungen, den bakteriologischen Fleischuntersuchungen und sonstigen, weitergehenden Untersuchungen betraut. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Ergänzungsbeschau gemäß § 12 Absatz 3 in Verbindung mit § 24 TV Ang aöS. Sämtliche Gehaltsbestandteile des Arbeitsentgeltes errechneten sich auf der Basis der tatsächlich untersuchten Schlachttiere. Es erfolgte eine sogenannte Stückvergütung. Rückwirkend zum 15. September 2008 trat der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Beschäftigten in der Fleischuntersuchung (im Folgenden: TV-Fleischuntersuchung) in Kraft. Er sieht eine Umstellung von Stück- auf Stundenvergütungen in Großbetrieben mit einer Schlachtzahl von über 20 Großvieheinheiten vor. Der neue Tarifvertrag verändert maßgeblich die Entlohnung des Personals in Großbetrieben. Während die bisherige Entlohnung zwischen Stückvergütung für bestimmte Arbeitsleistungen und Stundenvergütung für andere Leistungen differenzierte, erfolgt nach dem neuen Tarifrecht die Bezahlung auf Stundenlohnbasis. Die Umstellung auf Stundenvergütung ist mit Einkommenseinbußen verbunden. Deshalb sieht der § 5 TV-Fleischuntersuchung eine Besitzstandszulage vor, die bei zukünftigen Tariferhöhungen und abhängig von der Beschäftigungszeit in einem Zeitraum von vier bis acht Jahren abgeschmolzen wird. Da § 25 Absatz 2 TV-Fleischuntersuchung lediglich auf die gezahlte Summe der Stückvergütung nach § 12 Absatz 1 Unterabsatz 3 TV Ang aöS, § 12 Absatz 1 Unterabsatz 3 TV Ang aöS und 50 v. H. der Zuschläge nach § 2 TV Ang aöS, § 12 TV Ang-O aöS verweist, fließen die nach § 12 Absatz 3 TV Ang aöS in der Vergangenheit gezahlten Zuschläge für Rückstandsuntersuchungen, weitergehenden Untersuchungen und bakteriologischen Fleischuntersuchungen nicht in die von der Beklagten geleistete Besitzstandszulage ein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auch die in § 12 Absatz 3 TV Ang aöS geregelten Untersuchungen seien entgegen dem Wortlaut des Tarifvertrages zur Ermittlung der Besitzstandswahrung einzubeziehen. Er beruft sich auf die Protokollerklärung nach § 25 TV-Fleischuntersuchungen zu Satz 3, die lautet:
„Waren im Referenzzeitraum von der Anlage 2 des TV aöS, TV Ang-O aöS aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung abweichende Stückvergütungen vereinbart, sind diese maßgebend.”
Dieser Protokollerklärung sei der Wille der Tarifvertragsparteien zu entnehmen, dass abweichende arbeitsvertragliche Regelungen im Hinblick auf die Berechnung der Besitzstandszulage wertend einbezogen werden müssten und es keine Schlechterstellung von Angestellten geben dürfe, wenn vom Tarifrecht abweichend individualvertragliche Vereinbarungen im Arbeitsverhältnis gelebt worden seien. Daraus folge, dass die individuellen Verhältnisse bei der Entlohnung des Klägers für die Berechnung der Besitzstandszulage heranzuziehen seien. Die Überleitungsvorschrift des § 25 TV-Fleischuntersuchung enthalte eine Regelungslücke, die darauf beruhe, dass regelmäßig der Leiter des Fleischhygieneamtes die Zusatzuntersuchungen ausführe. Dieser werde jedoch nach BAT entlohnt. Bei ihm stelle sich die Überleitungsproblematik von Stück- auf Stundenvergütung daher nicht. Wende man die vom Beklagte...