Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Bestimmung einer in das Ermessen des Arbeitgebers gestellten Karenzentschädigung
Leitsatz (amtlich)
Die Wettbewerbsabrede, die die Höhe der Karenzentschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist nicht nichtig. Bei der gerichtlichen Bestimmung der Höhe der Karenzentschädigung gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist die Regelung des § 74 Abs. 2 HGB zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 315 Abs. 3; HGB § 74; BGB § 273 Abs. 1, § 611 Abs. 1; HGB § 74 Abs. 2, § 74c Abs. 2, § 75 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 20.03.2012; Aktenzeichen 1 Ca 531/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 20.03.2012 - 1 Ca 531/10 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Sein Streithelfer trägt die zweitinstanzlichen Kosten der Nebenintervention.
Die Revision wird für den Beklagten hinsichtlich seiner Verurteilung in die Klageanträge zu 2) und zu 3) zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen über eine Karrenzentschädigung.
Der Beklagte produziert und vertreibt Futtermittel und Ergänzungsfuttermittel sowie Pferdepflege- und kosmetische Produkte. Der Kläger war seit dem 01.01.2008 bei dem Beklagten als Exportvertriebsmitarbeiter tätig gegen ein Monatsgehalt von 7.500,00 € brutto zuzüglich eines geldwerten Vorteils in Höhe von 1.089,20 € brutto für die Privatnutzung seines Dienstfahrzeugs.
Der Einstellung des fachfremden Klägers ging ein Gespräch der Parteien am 10.09.2007 voraus, bei dem eine Liste (Anlage B4, Bl. 271 d.A.) über in den Jahren 2008 und 2009 zu erzielende Exportumsätze erstellt wurde. In der Folge unterzeichneten die Parteien den Arbeitsvertrag vom 24.09.2007 (Bl. 6 ff. d.A.), der in seinem § 15 folgende nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarung enthielt:
Der Mitarbeiter verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer von 2 Jahren für kein Konkurrenzunternehmen selbstständig und unselbstständig tätig zu werden.
Die Firma verpflichtet sich, dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die in ihr Ermessen gestellt wird. Die Karenzentschädigung ist fällig am Ende eines jeden Monats.
Auf die Karenzentschädigung wird alles angerechnet, was der Mitarbeiter durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
Der Mitarbeiter ist verpflichtet, während der Dauer des Wettbewerbsverbotes auf Verlangen Auskunft über die Höhe seiner Bezüge zu geben und die Anschriften seines jeweiligen Arbeitgebers mitzuteilen. Am Schluss eines Vierteljahres ist er verpflichtet, seine Lohnsteuerbescheinigung vorzulegen.
...
Mit Schreiben vom 30.07.2010 (Bl. 11 d.A.), dem Kläger am selben Tag übergeben, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß aus "betriebswirtschaftlichen Gründen" zum 31.08.2010. Mit Schreiben vom 31.08.2010 (Bl. 12 d.A.) erklärte der Kläger, dass er sich an das vertragliche Wettbewerbsverbot halten werde und bis zum 15.09.2010 eine Bestätigung erwarte, in welcher Höhe der Beklagte die monatliche Karenzentschädigung zahlen werde, mindestens jedoch in der gesetzlichen Höhe.
Daraufhin antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 08.09.2010:
Sehr geehrter Herr D.,
ich beziehe mich auf Ihr für mich durchaus überraschendes Schreiben vom 31.08.2010. Wie Ihnen bekannt ist, wurde die Kündigung vom 30.07.2010 lediglich für Sie günstig formuliert. Tatsächlich war der Grund der Kündigung Ihr Verhalten. Insoweit haben sie schon bei Vertragsabschluss vorgespiegelt, dass Sie erhebliche Umsätze erreichen würden, die im Jahre 2008 beispielsweise 1,35 Mio. € betragen sollten. Dieser Umsatz sollte sich im Jahre 2009 auf 1.755.000,00 € steigern. Sie haben insofern selbst dann, wenn sich Ihre Prognose nicht realisieren würde, entsprechend Ihrer Aufzeichnung einen Umsatz von 50 % der vorgenannten Umsätze für die Jahre 2008 und 2009 garantiert. Tatsächlich haben Sie diese Umsatzzahlen nicht im Ansatz erreicht, so dass wir uns nach wie vor durch Ihre Darstellung getäuscht sehen. Sie haben mir offensichtlich ganz bewusst falsche Umsatzzahlen suggeriert, um mich dadurch zum Vertragsschluss mit Ihnen zu bewegen. Meines Erachtens haben Sie daher den Anlass zur Kündigung durch Ihre entsprechenden Erklärungen bei Vertragsschluss und auch nachfolgend im Arbeitsverhältnis gegeben.
Dass die von Ihnen ermittelten Umsatzprognosen und Mindestumsatzgarantien letztendlich nicht erreichbar waren und offensichtlich lediglich zur Täuschung mir gegenüber vorgegeben wurden, musste ich bei unserem Gespräch am 30.07.2010 feststellen. Hierbei haben Sie mir anlässlich einer Diskussion über die zukünftige Gestaltung Ihrer Vergütung erklärt, dass Sie nicht damit einverstanden wären, wenn Ihr Gehalt auf den hälftigen Betrag reduziert und im übrigen eine Umsatzbeteiligung vereinbart werden würde, die Sie selbst bei Erreichung der von Ihnen g...