Verfahrensgang
ArbG Stade (Urteil vom 15.12.1993; Aktenzeichen 2 Ca 416/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 15.12.1993 – 2 Ca 416/93 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Abfindung in Höhe von sechs Monatsverdiensten auf Grund des Tarifvertrags über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des … vom 30.11.1991 (TV Personalabbau BMVg).
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Durch dieses Urteil vom 15.12.1993 hat das Arbeitsgericht Stade die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sowie den Streitwert auf DM 11.619,42 festgesetzt. Wegen der Einzelheiten im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 29.12.1993 zugestellte Urteil am 07.01.1994 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 21.02.1994 an diesem Tage begründet.
Die Klägerin wiederholt ihre Rechtsauffassung, eine Übernahme liege im Tarifsinn nur dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis unter Wahrung des gesamten sozialen Besitzstandes vom neuen Arbeitgeber fortgesetzt werde. Nach ihrem Arbeitsverhältnis zum … habe sie eine andere als die bisherige Tätigkeit gegen eine geänderte Vergütung zu erbringen und werde auch nicht die Unkündbarkeit gem. § 55 des zwischen den Parteien einzelvertraglich vereinbarten Bundesangestelltentarifvertrags nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung bereits im Jahr 1995 erreichen.
Die Klägerin meint schließlich, auch § 8 Abs. 7 TV Personalabbau BMVg schließe den geltend gemachten Abfindungsanspruch nur dann aus, wenn wie innerhalb des in dieser Tarifvorschrift bezeichneten Zeitraums von ihrem neuen Arbeitgeber übernommen worden wäre.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 15.12.1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 11.619,42 nebst 4 % Zinsen seit dem 08.05.1993 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, der Begriff der Übernahme gem. § 8 Abs. 3 Buchstabe b des TV Personalabbau BMVg sei bereits durch einen Wechsel des Arbeitgebers im Sinne des § 29 Abschnitt B Abs. 7 BAT erfüllt ohne Wahrung des im alten Arbeitsverhältnis durch die Dauer der Beschäftigungszeit erworbenen Besitzstandes.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung in dieser vermögensrechtlichen Streitigkeit ist an sich statthaft, da der Beschwerdewert DM 800,– offenkundig übersteigt (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG) und erweist sich damit als zulässig.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden. Die Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht folgt den Entscheidungsgründen des Urteils des Arbeitsgerichts (§ 543 Abs. 1 ZPO).
1. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Klägerin über eine anrechnungsfähige Beschäftigungszeit gem. § 19 BAT von mehr als 11 Jahren verfügt, weil die Nichtanrechnung ihrer Beschäftigungszeit vom 01.10.1970 bis 01.10.1980 eine unbillige Härte darstellen würde. Denn ihr Arbeitsverhältnis war in der Zeit vom 02.10.1980 bis 15.10.1990 allein wegen ihrer Mutterschaft unterbrochen. Dies ist zwischen den Parteien im übrigen unstreitig.
2. Die Klägerin ist auch wegen der Auflösung der Standorte … durch Auflösungsvereinbarung vom 11./14.01.1993 mit Wirkung zum 01.02.1993 ausgeschieden, womit die Grundvoraussetzungen für den Abfindungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 TV Personalabbau BMVg erfüllt sind. Der Klägerin ist zuzugeben, daß § 8 Abs. 3 Buchstabe b) TV Personalabbau BMVg vom Wortlaut her auch so verstanden werden kann, daß der Abfindungsanspruch nur dann entfällt, wenn der Arbeitnehmer von einem anderen Arbeitgeber unter Wahrung des Besitzstandes übernommen wird. Sie könnte sich für diese Auslegung auf die Urteile des BAG vom 1.12.1959 – 3 AZR 285/56 – AP Nr. 3 zu § 18 Bund Vers AnstG f. Angest. und vom 14.1.1958 – 3 AZR 37/55 – AP Nr. 3 zu § 1 TOA stützen. Diese Auslegung ist für die vorliegende Tarif Vorschrift jedoch nicht geboten.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Es ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt w...