Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzstandszulage, Kinderbezogene Entgeltbestandteile
Leitsatz (amtlich)
Kinderbezogene Entgeltbestandteile sind gem. § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA als Besitzstandszulage auch an denjenigen Elternteil zu zahlen, der sich im September 2005 in Elternzeit befand und deshalb in diesem Monat keine Bezüge erhielt.
Normenkette
TVÜ-VKA § 11 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 16.11.2006; Aktenzeichen 6 Ca 227/06 Ö) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 16.11.2006 – 6 Ca 227/06 Ö – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin kinderbezogene Entgeltbestandteile in Höhe von monatlich 180,– EUR ab Februar 2006 zu zahlen.
Die Klägerin ist seit dem 01.09.1999 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 00.00.2005 befand sie sich vom 00.00.2005 bis zum 00.00.2006 in der Elternzeit. Auf das Arbeitsverhältnis waren zunächst die Bestimmungen des BAT anwendbar, nunmehr gilt der Tarifvertrag TVöD, der die Zahlung von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen nicht mehr vorsieht. Mit Schreiben vom 07.03.2006 machte die Klägerin nach Wiederaufnahme der Tätigkeit Zahlung von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen in Höhe von 90,– EUR pro Kind geltend. Die Beklagte wies dieses Begehren mit Schreiben vom 10.03.2006 zurück.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dem Anspruch auf Zahlung von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen stehe die Regelung in § 11 Abs. 1 S. 1 TVÜ-VKA nicht entgegen. Die Regelung in Abs. 1 S. 3 mache deutlich, dass es unschädliche Ausnahmen gebe, die den Besitzstand wahrten. Dabei sei die in dieser Bestimmung enthaltene Aufzählung als nicht abschließend anzusehen. Ansonsten wäre nämlich die Regelung in § 11 TVÜ-VKA verfassungswidrig, weil sie gegen Artikel 6 GG verstieße. Darüber hinaus läge in diesem Fall ein Verstoß gegen den arbeitsgerichtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor und der Vertrauensschutz wäre nicht gewahrt.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die kinderbezogenen Entgeltbestandteile in Höhe von 180,00 EUR für die Monate Februar, März und April 2006 für die Kinder A.,, geboren am 00.00.1998 und A., geboren am 00.00.2005 zu zahlen.
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, diese Entgeltbestandteile auch künftig an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem geltend gemachten Anspruch stehe der eindeutige Wortlaut des TVÜ-VKA entgegen.
Durch Urteil vom 16.11.2006 hat das Arbeitsgericht dem Klagebegehren der Klägerin entsprochen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Blatt 43/44 d. A.) Bezug genommen. Das Urteil ist der Beklagten am 04.12.2006 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 03.01.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.03.2007 am 05.03.2007 begründet.
Die Beklagte ist der Ansicht, aus dem Wortlaut und dem Regelungszusammenhang des § 11 Abs. 1 TÜV-VKA ergebe sich, dass nur die in Abs. 1 S. 3 genannten Unterbrechungen unschädlich seien. Eine Diskriminierung im Vergleich zu Wehrpflichtigen etc. scheide aus, weil die obligatorische Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten nicht mit der freiwillig eingegangenen Elternzeit zu vergleichen sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Schlussantrag der Beklagten in 1. Instanz zu erkennen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, Elternteile, die ihre Elternzeit in Anspruch nähmen, sollten vor Besitzverlust geschützt werden und keinen Rechtsnachteil erleiden. Diesem Ziel liefe eine auf den Wortlaut beschränkte Auslegung von § 11 TVÜ-VKA entgegen. Die Formulierung in § 11 Abs. 1 S. 1 TVÜ-VKA „in der für September 2005 zustehenden Höhe” sei dahingehend auszulegen, dass die Höhe gemeint sei, die sich ergeben hätte, wenn die Vergütung ohne eine Unterbrechung durch die Elternzeit gezahlt worden wäre.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 66, 64 ArbGG, 519, 520 ZPO).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, weil das Arbeitsgericht der Klage zu Recht stattgegeben hat.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das für den Klageantrag zu 2) gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, auch wenn für den zurückliegenden Zeitraum ein Leistungsantrag möglich wäre. Es ist nämlich zu erwarten, dass die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin die entsprechende Zahlung leisten wird.
Die Klage ist nach dem unstreitigen Sachvorbringen der Parteien auch begründet. Die Bek...