Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung zur Beendigungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Steht die Reduzierung des Beschäftigtenbedarfs fest, muss der Arbeitgeber nach dem sog. Ultima ratio-Grundsatz prüfen, ob er den Arbeitnehmer anderweitig beschäftigen kann, und zwar zu gleichen oder zu veränderten Bedingungen, unbefristet oder befristet.
2. Besteht eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit, die gemessen an der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung eine Vertragsänderung voraussetzt, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein konkretes Änderungsangebot unterbreiten und dabei unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er das Arbeitsverhältnis beenden werde, wenn sich der Arbeitnehmer mit den geänderten Bedingungen nicht einverstanden erklärt.
3. Der Ausspruch einer Änderungskündigung ist nur dann entbehrlich,
- wenn die anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vom Standpunkt eines objektiv urteilenden Arbeitgebers gemessen an dem ursprünglichenvertraglichen Anforderungsprofil sowie dem wirtschaftlichen und sozialen Status des Arbeitnehmers schlechterdings nicht in Betracht kommt (§ 242 BGB),
- oder wenn der Arbeitnehmer eine geeignete Tätigkeit nach angemessener Überlegungszeit vorbehaltlos und endgültig abgelehnt hat.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hildesheim (Urteil vom 29.04.2003; Aktenzeichen 2 Ca 454/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 29.04.2003 – 2 Ca 454/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
Die Beklagte betrieb im Kündigungszeitpunkt mit ihrem Hauptsitz in H. sowie einem unselbständigen Filialbetrieb in B. den Handel von Neu- und Gebrauchtwagen und führte Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen aus. Der Hauptbetrieb in H. wurde mit neuen Mitarbeitern und einem Auszubildenden geführt. In B. waren drei Mitarbeiter sowie seit Januar 2003 ein weiterer Geselle beschäftigt, zunächst mit befristetem Vertrag bis zum 30.04.2003. Hierbei handelt es sich um den ehemaligen Auszubildenden A., den die Beklagte von dem in Insolvenz geratenen Partner „ T. fürs Auto” übernommen hatte, und der im Januar 2003 seine Ausbildung bei der Beklagten beendete. Der Betrieb in H. setzte im Jahr 2002 etwa 200 Neufahrzeuge um, in B. wurden 30 Fahrzeuge veräußert.
Der 1951 geborene, verheiratete Kläger ist einem Kind unterhaltspflichtig und bei der Beklagten seit dem 01.01.2002 auf Grund des Arbeitsvertrages vom 02.01.2002 als Kundendienstmeister zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von 2.800,00 EUR beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag, auf dessen vollständigen Inhalt Bezug genommen wird, haben die Parteien auszugsweise Folgendes geregelt:
„2a
Als Arbeitsort wird B. vereinbart.
…
d)
Er ist verpflichtet, auf Wunsch des Arbeitgebers oder seiner Beauftragten bei Bedarf auch andere, zumutbare Arbeiten im Betrieb zu leisten, insbesondere auch gelegentlich in anderen Betrieben der AH B… GmbH als Meister eingesetzt zu werden.”
Seit Mai 2002 war der Kläger der einzige Kfz-Meister im Unternehmen. Im Oktober 2002 entschied die Beklagte, nur noch einen Kfz-Meister zu beschäftigten. Ob dieser ausschließlich in H. oder in B. und in H. tätig werden sollte, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte beabsichtigte, zwei weitere Auszubildende in H. einzustellen und in B. keine Ausbildung durchzuführen. Ende Oktober/Anfang November 2002 unterbreitet der Geschäftsführer der Beklagten L. dem Kläger ein Änderungsangebot des Arbeitsvertrages. Der Kläger, der die Geschäftsräume des Filialbetriebes in B. an die Beklagte verpachtet hatte und auf dem Gelände einen Tankstellenbetrieb sowie eine Waschstraße betreibt, sollte zukünftig als Meister für den Betrieb in H. zuständig sein. Einzelheiten des Angebots sind streitig, eine Vereinbarung kam nicht zustande.
Mit Schreiben vom 18.11.2002, das der Geschäftsführer dem Kläger an diesem Tage aushändigte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2002.
Nach Zugang der Kündigung stellte die Beklagte einen anderen Kfz-Meister für den Betrieb in H. ein. Mit Schreiben vom 11.08.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Betrieb in B. sei zum 31.07.2003 geschlossen worden, und kündigte das Arbeitsverhältnis erneut zum 30.09.2003. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit einer weiteren Kündigungschutzklage, die beim Arbeitsgericht H. anhängig ist.
Mit der vorliegenden, am 09.12.2002 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 18.11.2002 sei sozial ungerechtfertigt. Er hat behauptet, das Änderungsangebot der Beklagten habe beinhaltet, dass er in Zukunft in H. formell als Meister auftrete, tatsächlich aber den Arbeitsplatz in B. beibehalte. Er habe auf dieses Angebot zunächst Bedenkzeit erbeten und im Telefonat mit dem Betriebsleiter S. am 15.11.2002 erklärt, er sei mit dem Änderungsangebot unter der Voraussetzun...