Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung aufgrund eines Interessenausgleichs mit Teil-Namensliste für den Produktionsbereich

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Teil-Namensliste ist als integraler Bestandteil eines Interessenausgleiches gem. § 111 BetrVG jedenfalls dann eine ausreichende Basis für die Rechtswirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG, wenn der durch die Namensliste erfasste Bereich so deutlich abgrenzbar von dem nicht erfassten Bereich ist, dass die Sozialauswahl nicht beeinflusst werden kann und er darüber hinaus wesentlich größer ist.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5, 2 S. 1 Alt. 3, Abs. 3, 5 Sätze 1, 3; BetrVG § 111 S. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hameln (Entscheidung vom 19.06.2014; Aktenzeichen 1 Ca 531/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 19.06.2014 - 1 Ca 531/13 - wird zurückgewiesen.

Soweit der Kläger seine Berufung teilweise zurückgenommen hat, wird er des Rechtsmittels für verlustig erklärt.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung sowie um die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der am 00.00.1960 geborene Kläger ist seit dem 09.01.1984 bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Er erhält eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 3 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Entgelttarifvertrages der Niedersächsischen Metallindustrie. Die Vergütung belief sich auf zuletzt durchschnittlich 3.026,36 €.

Der verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist einem schwerbehinderten Menschen mit einem GDB von 30 gleichgestellt.

Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung an ihrem Standort in A-Stadt ca. 1020 Arbeitnehmer. Sie schloss unter dem 18.07.2013 mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat einen Interessenausgleich und als Anlage 2 zu diesem Interessenausgleich eine von den Betriebspartnern und dem Vorsitzenden der tariflichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Namensliste. Dort ist unter der Personalnummer ... auch der Kläger aufgeführt. Die Betriebspartner (Beklagter und Betriebspart) einigten sich in der Anlage 1 zum Interessenausgleich auf diverse Vergleichsgruppen zwecks Durchführung der sozialen Auswahl, unter anderem auch auf die Vergleichsgruppe "Anlerntätigkeit".

Der von den Betriebspartnern unterzeichnete Interessenausgleich der den Abbau von 99 Arbeitsplätzen im Bereich "Fertigungsbereich Mechanism" und den Abbau von 65 Arbeitsplätzen im Bereich "Frames" vor. Unter dem Bereich "Frames" ist die Fertigung von Sitzstrukturen und unter dem Bereich "Mechanism" die sogenannte Beschlagfertigung zu verstehen.

Alle Mitarbeiter aus der Vergleichsgruppe "Anlerntätigkeit" sind auf der Namensliste aufgeführt gewesen. Insgesamt umfasste die Namensliste die Namen von 129 in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmern aus den Bereichen "Frames" und "Mechanism".

Der von den Betriebspartnern und vom Vorsitzenden der tarifvertraglichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Interessenausgleich sah ebenfalls den Wegfall von 12 Arbeitsplätzen aus dem Bereich der "NESD Zentralfunktion" vor. Auf Bl. 10 des Interessenausgleiches heißt es im vorletzten Absatz insoweit wörtlich:

"In dieser Namensliste sind Entlassungen, die den Bereich NESD Zentralfunktionen betreffen (siehe 13.III) nicht enthalten. Diese Entlassungen (12) sollen soweit als möglich über Auflösungsvereinbarungen erfolgen. Insoweit soll die Namensliste auch künftig nicht ergänzt werden."

Ergänzend wird auf den mit Schriftsatz vom 22.11.2013 vorgelegten Interessenausgleich nebst Vergleichsgruppen und Namensliste (Bl. 35 - 54 der Gerichtsakte) verwiesen.

Die Beklagte holte die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers beim Integrationsamt ein. Diese wurde mit Beschluss vom 26.09.2013 erteilt. Nach Anhörung des Betriebsrates mit Schreiben vom 16.10.2013, bei dem Gremium am 16.10.2013 eingegangen, sprach sie mit Schreiben vom 28.10.2013, welches der Kläger am 29.10.2013 erhalten hat, die betriebsbedingte Kündigung zum 31.05.2014 aus. Insgesamt sprach die Beklagte vor dem Hintergrund des Interessenausgleichs mehr als 100 betriebsbedingte Kündigungen aus.

Neun Arbeitnehmer, die auf der Namensliste namentlich genannt worden sind, sind von der Beklagten nicht gekündigt worden. Der vom Kläger insoweit benannte Herr P. ist gekündigt worden, das Verfahren ist beim Landesarbeitsgericht anhängig gewesen zu dem Az.: 5 Sa 1216/14.

Sämtliche nicht gekündigten Arbeitnehmer entstammen einer anderen Vergleichsgruppe als der Kläger und erhalten eine höhere Vergütung nach dem Tarifvertrag.

Mit seiner am 05.11.2013 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung zur Wehr gesetzt. Er hat sie als sozial ungerechtfertigt gerügt und die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bestritten. Ferner hat er die soziale Auswahl als fehlerhaft gerügt und vorsorglich einen Wiedereinstell...

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