Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung aufgrund Interessenausgleich mit Teil-Namensliste
Leitsatz (amtlich)
Eine Teil Namensliste ist als integraler Bestandteil eines Interessenausgleiches gem. § 111 BetrVG jedenfalls dann eine ausreichende Basis für die Rechtswirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG, wenn der durch die Namensliste erfasste Bereich so deutlich abgrenzbar von dem nicht erfassten Bereich ist, dass die Sozialauswahl nicht beeinflusst werden kann und er darüber hinaus wesentlich größer ist.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 5, 2 S. 1 Alt. 3, Abs. 5 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Hameln (Entscheidung vom 19.06.2014; Aktenzeichen 1 Ca 576/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 19.06.2014 - 1 Ca 576/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird bezüglich des Antrages zu Ziffer 1. aus dem Schriftsatz vom 21.08.2014 zugelassen; im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung sowie um die Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der am 00.00.1958 geborene Kläger ist seit dem 06.04.1992 bei der Beklagten als Montierer beschäftigt. Er erhält eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 3 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Entgelttarifvertrages der Niedersächsischen Metallindustrie. Die Vergütung belief sich auf zuletzt durchschnittlich 3.177,15 €.
Der verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 70.
Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung an ihrem Standort in B-Stadt ca. 1020 Arbeitnehmer. Sie schloss unter dem 18.07.2013 mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat einen Interessenausgleich und als Anlage 2 zu diesem Interessenausgleich eine von den Betriebspartnern und dem Vorsitzenden der tariflichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Namensliste. Dort ist unter der Personalnummer 1006905 auch der Kläger aufgeführt. Die Betriebspartner (Beklagter und Betriebspart) einigten sich in der Anlage 1 zum Interessenausgleich auf diverse Vergleichsgruppen zwecks Durchführung der sozialen Auswahl, unter anderem auch auf die Vergleichsgruppe "Anlerntätigkeit".
Der von den Betriebspartnern unterzeichnete Interessenausgleich der den Abbau von 99 Arbeitsplätzen im Bereich "Fertigungsbereich Mechanism" und den Abbau von 65 Arbeitsplätzen im Bereich "Frames" vor. Unter dem Bereich "Frames" ist die Fertigung von Sitzstrukturen und unter dem Bereich "Mechanism" die sogenannte Beschlagfertigung zu verstehen.
Alle Mitarbeiter aus der Vergleichsgruppe "Anlerntätigkeit" sind auf der Namensliste aufgeführt gewesen. Insgesamt umfasste die Namensliste die Namen von 129 in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmern aus den Bereichen "Frames" und "Mechanism".
Der von den Betriebspartnern und vom Vorsitzenden der tarifvertraglichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Interessenausgleich sah ebenfalls den Wegfall von 12 Arbeitsplätzen aus dem Bereich der "NESD Zentralfunktion" vor. Auf Bl. 10 des Interessenausgleiches heißt es im vorletzten Absatz insoweit wörtlich:
"In dieser Namensliste sind Entlassungen, die den Bereich NESD Zentralfunktionen betreffen (siehe 13.III) nicht enthalten. Diese Entlassungen (12) sollen soweit als möglich über Auflösungsvereinbarungen erfolgen. Insoweit soll die Namensliste auch künftig nicht ergänzt werden."
Ergänzend wird auf den mit Schriftsatz vom 31.01.2014 vorgelegten Interessenausgleich nebst Vergleichsgruppen und Namensliste (Bl. 27 - 47 der Gerichtsakte) verwiesen.
Die Beklagte holte die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers beim Integrationsamt ein. Diese wurde mit Beschluss vom 11.11.2013 erteilt. Nach Anhörung des Betriebsrates mit Schreiben vom 13.11.2013, bei dem Gremium am 14.11.2013 eingegangen, sprach sie mit Schreiben vom 25.11.2013, welches der Kläger am 27.11.2013 erhalten hat, die betriebsbedingte Kündigung zum 30.06.2014 aus. Insgesamt sprach die Beklagte vor dem Hintergrund des Interessenausgleichs mehr als 100 betriebsbedingte Kündigungen aus.
Neun Arbeitnehmer, die auf der Namensliste namentlich genannt worden sind, sind von der Beklagten nicht gekündigt worden. Der vom Kläger insoweit benannte Herr P. ist gekündigt worden, das Verfahren ist beim Landesarbeitsgericht anhängig gewesen zu dem Az.: 5 Sa 1216/14.
Sämtliche nicht gekündigten Arbeitnehmer entstammen einer anderen Vergleichsgruppe als der Kläger und erhalten eine höhere Vergütung nach dem Tarifvertrag.
Mit seiner am 02.12.2013 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung zur Wehr gesetzt. Er hat sie als sozial ungerechtfertigt gerügt und die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bestritten. Ferner hat er die soziale Auswahl als fehlerhaft gerügt und insbesondere die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmer H. und S. seien mit ihm vergleichbar und hätten vor ihm entlassen werden müssen...