Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Terminsgebühr bei Antrag auf gerichtliche Protokollierung einer Einigung der Parteien. Terminsgebühr bei außergerichtlicher Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten an einer Einigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach Nr. 3104 Abs. 3 RVG-VV entsteht keine Terminsgebühr, wenn in einem Gerichtstermin lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder der Beteiligten oder mit Dritten über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen. Dies erfasst aber allein den Fall, dass nicht rechtshängige Ansprüche in einem Vergleich protokolliert werden sollen.
2. Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV entsteht aber dann, wenn ein Prozessbevollmächtigter an außergerichtlichen Besprechungen mitwirkt, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.
Normenkette
ZPO § 278 Abs. 6; RVG-VV Nr. 3104; RVG § 48 Abs. 1, § 49
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Entscheidung vom 16.06.2023; Aktenzeichen 2 Ca 20/23) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Staatskasse vom 01.08.2023 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 16.06.2023 - 2 Ca 20/23 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Parteien stritten im vorliegenden Verfahren über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung. Der Kläger begehrte gleichzeitig mit Klageerhebung vom 23.01.2023 die Gewährung von Prozesskostenhilfe sowie die Erstreckung auf einen möglichen Vergleich.
Zwischen den Parteien wurden bereits am 17.02.2023 Gespräche über eine Einigung und Erledigung des Rechtsstreits geführt. Mit Schriftsatz vom 21.02.2023 sowie in einem Telefonat am 22.02.2023 wurde durch die Beklagtenpartei gegenüber dem Arbeitsgericht mitgeteilt, dass zwischen den Parteien außergerichtliche Gespräche mit dem Ziel einer Einigung erfolgt seien. Mit Schriftsatz vom 20.03.2023 wurde durch die Klagepartei unter Unterbreitung eines Vergleichsvorschlages und eines gesonderten Antrages auf Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleich mitgeteilt, dass die Parteien sich weitgehend geeinigt hätten. Mit Schriftsatz vom 27.03.2023 hat die Beklagtenpartei dem durch die Klagepartei unterbreiteten Vergleichsvorschlag zugestimmt. Mit Beschluss vom 29.03.2023 wurde das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs festgestellt.
Dem Kläger wurde mit Beschluss vom 20.04.2023 ab dem 23.01.2023 Prozesskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt und dessen anwaltliche Vertretung beigeordnet. Die Bewilligung erstreckte sich auch auf den Vergleich. Der Streitwert für das Verfahren wurde auf 780,00 € festgesetzt, überschießend wurden für den Vergleich 1.626,00 € festgesetzt.
Am 21.04.2023 beantragten die Prozessbevollmächtigten des Klägers Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung. Dabei wurde beantragt, eine 1,2 Terminsgebühr gemäß VV RVG Nr. 3104 aus 2.406,00 € i.H.v. 266,40 € zu erstatten. Die 1,0 Einigungsgebühr gemäß VV RVG Nr. 1003, 1000 wurde i.H.v. 222,00 € zur Festsetzung beantragt. Insgesamt wurden 899,16 € als Vergütung beantragt.
Mit Beschluss vom 28.04.2023 wurde eine 1,5 Einigungsgebühr aus dem überschießenden Vergleichswert festgesetzt, da das Gericht als reines Protokollierungsorgan den Vergleich lediglich protokolliert und den Vergleich inklusive erhöhtem Vergleichswert nur zur Kenntnis genommen habe, dies unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung des LAG Nürnberg (Az 4 Ta 26/09) zum "Nurprotokollierungsvergleich". Zugleich wurde eine 1,2 Terminsgebühr aus dem Verfahrenswert (780,00 €) i.H.v. 105,60 € festgesetzt. Insgesamt wurde die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 839,90 € festgesetzt.
Mit Schreiben vom 10.05.2023, eingegangen bei Gericht am selben Tag, legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers Erinnerung gegen den Beschluss vom 28.04.2023 ein. Sie beantragen unter Aufrechterhaltung der 1,5 Einigungsgebühr hinsichtlich des überschießenden Vergleichswertes ausschließlich die Korrektur der Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) und Festsetzung aus dem Vergleichswert (2.406,00 €).
Mit Beschluss vom 05.06.2023 wurde der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Arbeitsgericht Weiden zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 16.06.2023 wurde der Erinnerung vom 10.05.2023 abgeholfen und die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 1.031,25 € festgesetzt. Für die Staatskasse wurde die sofortige Beschwerde zugelassen. Das Arbeitsgericht Weiden hat ausgeführt, dass die 1,2 Terminsgebühr aus dem vollen Vergleichswert i.H.v. 2.406,00 € angefallen sei, da die zwischen den Parteien erzielte Einigung zwar ohne Beteiligung des Gerichts, aber außerhalb der Verhandlung nach § 278 Abs. 6 ZPO erfolgte. Diese umfasse auch die nicht rechtshängigen Ansprüche.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 16.06.2023 wurde dem Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 20.07.2023 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 01.08.2023, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg für die Staatskasse sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Weid...