Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsersetzung. Einstellung. Eingruppierung. Ordnungsmäßigkeit der Anhörung. Heilung. Betriebsverfassungsrecht. Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die - auch mehrmalige - Verwendung des Begriffs "Versetzung" im Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung des Betriebsrats des aufnehmenden Betriebes zum Einsatz eines aus einem anderen Betrieb versetzten Arbeitnehmers ist dann unschädlich, wenn aus der inhaltlichen Beschreibung der Maßnahme klar wird, dass es betriebsverfassungsrechtlich um die Einstellung in diesen Betrieb geht (entgegen LAG Düsseldorf vom 08.03.2012, 5 TaBV 88/11).

2. Selbst wenn man die Auffassung vertreten könnte, der Betriebsrat sei im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs "Versetzung" nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden, wäre dies spätestens mit Zustellung des Schriftsatzes auf Zustimmungsersetzung zur Einstellung geheilt mit der Folge, dass nunmehr die einwöchige Stellungnahmefrist für den Betriebsrat beginnen würde.

3. Die Übergabe einer Bewerberliste ohne Beifügung der Bewerbungsunterlagen der weiteren Bewerber macht die Anhörung unvollständig mit der Folge, dass die Frist zur Stellungnahme des Betriebsrats nicht zu laufen beginnt.

4. Auch wenn Arbeitsgericht und/oder Landesarbeitsgericht der Auffassung sind, das Verfahren auf Zustimmung zur Einstellung sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet, und den Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung daher abweisen, muss dennoch über den Antrag auf Zustimmung zur Eingruppierung befunden werden. Es fehlt für den Eingruppierungsantrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da die Entscheidung über die Einstellung nicht rechtskräftig und die Frist des § 101 BetrVG nicht abgelaufen ist.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Entscheidung vom 17.11.2011; Aktenzeichen 4 BV 23/11)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1.) hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Schweinfurt, vom 17.11.2011, AZ. 4 BV 23/11, teilweise abgeändert.

II. Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Beteiligten zu 2.) zur Eingruppierung des Arbeitnehmers G... K... auf die Stelle des Disponenten im Betrieb N... in EG 9 als erteilt gilt.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Zustimmungsersetzung des Betriebsrats zu einer Einstellung und einer Eingruppierung eines Arbeitnehmers.

Die Antragstellerin, Beteiligte zu 1.), führt ein weltweit tätiges Unternehmen mit Betrieben unter anderem in M... und N..., in denen eigene Betriebsräte gebildet sind. Der Beteiligte zu 2.) ist der für den Betrieb N... gebildete Betriebsrat.

Mit Wirkung zum 01.10.2010 übertrug die Beteiligte zu 1.) ihren selbständigen Geschäftsbereich SI... - S... -, bestehend aus mehreren betriebsverfassungsrechtlich selbständigen Betrieben oder Betriebsteilen, auf die Firma SI... GmbH. Der in diesem Geschäftsbereich im Betrieb M... beschäftigte Angestellte K... widersprach dem Betriebsübergang. Entsprechend dem mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan mit der Überschrift "Schließung der Restbetriebe SI..." vom 16.12.2010, der die Beteiligte zu 1.) zum Angebot von in allen Betrieben freien Arbeitsplätzen an die ursprünglich im Geschäftsbereich SI... beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet (Anlage AS 5, Bl. 238 ff. d.A.), sprach die Beteiligte zu 1.) dem Beschäftigten K... unter dem 25.02.2011 eine Änderungskündigung zum 30.09.2011 mit dem Angebot aus, ab 01.10.2011 im Betrieb in B... N... als Disponent Material/Teile mit der Vergütungsgruppe 09 des Entgelttarifvertrages für Beschäftigte in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie tätig zu werden (Anlage AS 1, Bl. 17 ff. d.A.). Der Arbeitnehmer K... nahm die Änderung unter Vorbehalt an. Seine zum Arbeitsgericht München erhobene Klage gegen die Änderungskündigung wurde in erster Instanz abgewiesen; eine rechtskräftige Entscheidung hierüber ist noch nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom 03.03.2011 (Anlage AS 3, Bl. 132 ff. d.A.) unterrichtete die Antragstellerin den Betriebsrat nach § 99 BetrVG über die geplante Maßnahme. Das Schreiben hat, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:

Betriebsratsunterrichtung nach § 99 BetrVG

Betreff: Unterrichtung gemäß § 99 BetrVG zur Versetzung sowie Eingruppierung von Herrn G... K...

Die S... Aktengesellschaft (im Folgenden "S... AG") hat gegenüber Herrn G... K..., geboren am 06.03.1959, wohnhaft in F... xx, xxxxx U..., zur Fortsetzung seines mit der S... AG bestehenden Arbeitsverhältnisses Ende Februar 2011 eine ordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung ausgesprochen.

Zu der in dieser Änderungskündigung immanenten Zuweisung von neuen Arbeitsbedingungen hören wir Sie hiermit gemäß § 99 BetrVG an.

Die Versetzung sowie die Eingruppierung von Herrn G... K... ist aus folgenden Gründen erforderlich:

1. Unternehmerische Entscheidung zur Schließung der SI... Restbetriebe

...

2. Weiterbeschäftigung...

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