Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung bei Ablehnung einer Gehaltsreduzierung. Vorrang der Änderungskündigung. Wiederholungskündigung. Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Trotz- oder Wiederholungskündigung liegt nicht vor, wenn das Arbeitsgericht die erste Kündigung mit der Begründung für unwirksam erklärt hat, nach dem Vortrag des Arbeitgebers sei „nicht ansatzweise ersichtlich, dass der Arbeitsplatz in Wegfall geraten sei”, und der Arbeitgeber eine neue betriebsbedingte Kündigung ausspricht und seinen Sachvortrag nunmehr präzisiert.

2. Zeigt der Arbeitgeber durch ein Angebot zur Weiterbeschäftigung zu deutlich verringerten Bezügen, dass eine Beschäftigung möglich wäre, so ist der Ausspruch einer Beendigungskündigung nicht aus betrieblichen Gründen „bedingt” nach § 1 Abs. 2 KSchG.

3. Lehnt der Arbeitnehmer die Gehaltsreduzierung mit sofortiger Wirkung kategorisch ab, erklärt er sich aber zu Verhandlungen über eine Reduzierung nach Ablauf der Kündigungsfrist bereit, muss der Arbeitgeber nach dem Grundsatz des „Vorrangs der Änderungskündigung” eine solche aussprechen; eine gleichwohl ausgesprochene Beendigungskündigung ist sozial nicht gerechtfertigt.

4. Haben sich sämtliche anderen Vertriebsleiter zu einer Gehaltsreduzierung mit sofortiger Wirkung einverstanden erklärt, dann ist eine Auflösung allein des Verkaufsgebiets des widersprechenden Arbeitnehmers willkürlich, stellt die Kündigung allein dieses Arbeitnehmers eine Maßregelung dar; sie ist daher nach §§ 242, 612a BGB unwirksam. Im übrigen wäre trotz der nunmehr deutlich unterschiedlichen Vergütung eine soziale Auswahl zwischen den Vertriebsleitern durchzuführen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2-3, § 2; BGB § 612a

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 09.09.2003; Aktenzeichen 9 Ca 2339/02 A)

 

Tenor

I. … Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 09.09.2003, Az. 9 Ca 2339/02 A, teilweise – in Ziff. 6 und 7 – abgeändert.

  1. … Soweit der Kläger die Feststellung beantragt hat, dass der Büromietvertrag über das Büro des Klägers im Hause C…, fortbesteht, wird die Klage abgewiesen.
  2. … Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz hat der Kläger 1/40, die Beklagte 39/40 zu tragen.
  3. … Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. … Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 1/40, die Beklagte 39/40 zu tragen.

III. … Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung sowie über Ansprüche des Arbeitnehmers aus einem zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses geschlossenen Mietvertrag über ein Zimmer in der Wohnung des Klägers.

Der am 12.10.1956 geborene, verheiratete und für zwei Kinder unterhaltspflichtige Kläger wurde mit Anstellungsvertrag vom 02.08.2001 ab 01.09.2001 bei der Beklagten als Vertriebsleiter eingestellt. Im Anstellungsvertrag (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d.A.) ist folgendes geregelt:

„Mit Wirkung vom 01.09.2001 ist Herr A… … als Vertriebsleiter für die Region Nord (nördliche Hälfte) PLZ-Gebiet 1 bis 5 tätig.

  1. Das Aufgabengebiet umfasst im wesentlichen folgendes:

    • Auswahl und Führung der Mitarbeiter im Verkaufsgebiet
    • Schulung, Unterstützung und Motivation der Mitarbeiter, auch vor Ort beim Kunden im Verkaufsgespräch.
  2. Herr A… erhält ein monatliches Festgehalt in Höhe von brutto DM 12.000,– ausgezahlt. Ab einem Jahresumsatz von DM 2 Millionen in seinem Verkaufsgebiet erhält Herr A… zusätzlich eine Provision in Höhe von 0,5% zahlbar jeweils zum Quartalsende.
  3. Herr A… stellt der B… zur Erfüllung seiner Aufgaben ein möbliertes Home-Office zum Mietpreis von monatlich DM 300,– inkl. aller Nebenkosten zur Verfügung.
  4. Die Ausstattung des Home-Office mit … (wird im einzelnen ausgeführt) übernimmt die B….
  5. Herrn A… wird ein Firmenwagen Marke Mercedes Benz, E 270 CDI Avantgarde, T-Modell + Navigationssystem überlassen.
  6. Reisekosten, Spesen, Benzin usw. sowie Hotelübernachtungen, Miete für Tagungsräume etc. werden von der B… an Herrn A… erstattet, der diese monatlich abrechnet. Zu Beginn seiner Tätigkeit erhält Herr A… einen Reisekostenvorschuss in Höhe von DM 2.000,–.
  7. Der Jahresurlaub …
  8. Es wird eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende vereinbart. Seitens der B… ist der Vertrag erstmals kündbar nach Ablauf von zwölf Monaten nach Beginn der Tätigkeit (Eintrittstermin) von Herrn A… für die B….”

Die Beklagte stellt bautechnische Geräte her und vertreibt diese. Sie beschäftigt etwa 30 Arbeitnehmer. Der Kläger brachte sein Verkaufsteam aus seiner früheren Beschäftigungsfirma mit zur Beklagten. Neben dem Kläger wurde als weiterer Vertriebsleiter sein Kollege D… ab 01.09.2001 eingestellt, der die Region West zu bearbeiten hatte.

Die Parteien stellten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses Umsatzplanungen an. Als diese Umsatzziele nicht erreicht werden konnten, schlug die Beklagte dem Kläger eine Reduzierung seines Fixgehalts vor. Eine Einigung über die Reduzierung kam nicht zustande. Die Beklagte kündigte daraufhin das Ar...

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