Entscheidungsstichwort (Thema)
Diskriminierung wegen des Alters. Stellenanzeige "wir bieten junges motiviertes Team". Gesamtbetrachtung. Altersbenachteiligung durch Stellenausschreibungen. unbegründete Entschädigungsklage eines Stellenbewerbers bei Beschreibung der Altersstruktur der Belegschaft im Rahmen einer Selbstdarstellung des Unternehmens. Indizwirkung von Bewerbungsunterlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Formulierung in einer Stellenausschreibung "wir bieten einen zukunftssicheren Arbeitsplatz in einem jungen motivierten Team" stellt für sich genommen noch keine Tatsache dar, die eine Benachteilung eines Bewerbers wegen des Alters vermuten lässt.
2. In die nach § 22 AGG erforderliche Gesamtbetrachtung sind auch weitere vom Bewerber vorgetragene oder unstreitige Tatsachen einzubeziehen wie der Kontext der Stellenanzeige oder die vom Bewerber an den Arbeitgeber übermittelten Unterlagen, insbesondere das Bewerbungsschreiben. Die Indizwirkung kann durch solche Tatsachen auch entkräftet werden.
Normenkette
AGG §§ 1, 7, 15 Abs. 2, § 22
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 01.08.2011; Aktenzeichen 3 Ca 1010/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 01.08.2011, Az.: 1010/11, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, soweit in der Berufungsinstanz noch erheblich, um Ansprüche des Klägers auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG.
Die Beklagte betreibt in A... ein Autohaus. Sie suchte über eine Stellenanzeige im Herbst 2010 einen Finanzbuchhalter bzw. eine Finanzbuchhalterin (siehe Stellenangebot - Bl. 47 d.A.). Die Stellenausschreibung enthielt unter der Überschrift "Stellenausschreibung" nach dem Anforderungsprofil folgenden Absatz:
"Wollen Sie gemeinsam mit uns erfolgreich sein?
Unser Autohaus ist Teil einer innovativen, mehrfach im Bereich Kundenzufriedenheit ausgezeichneten Unternehmensgruppe. Wir bieten einen zukunftssicheren Arbeitsplatz in einem jungen und motivierten Team".
Der am 19.11.1952 geborene Kläger ist laut vorgelegter Zeugnisse Diplom-Kaufmann (Universität) und Bilanzbuchhalter (IHK) sowie Bilanzbuchhalter International (IHK). Er war bereits als Finanzbuchhalter tätig (vgl. Lebenslauf nebst Anlagen - Bl. 7 ff. d.A.). Der Kläger war seit Februar 2002 arbeitslos. Zum Zeitpunkt der Bewerbung ging er einer geringfügigen Beschäftigung nach.
Mit Schreiben vom 13.10.2010 (Bl. 51 d.A.) bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle. Mit Schreiben vom 08.11.2010 (Bl. 52 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, "dass wir Ihnen keinen Arbeitsplatz entsprechend Ihren Fähigkeiten anbieten können".
Mit Schreiben vom 17.11.2010 (Bl. 53 d.A.) verlangte der Kläger unter Bezugnahme auf juristische Fachliteratur und Rechtsprechung eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern sowie Schadensersatz in Höhe von einem Monatsgehalt gemäß § 15 Abs. 1 AGG. Zur Begründung bezog er sich auf die Stellenausschreibung, welche ausdrücklich einen Arbeitsplatz in einem "jungen Team" anbiete und damit eine Selbstdarstellung enthalte, welche ältere Bewerber wie ihn faktisch ausschließe.
Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab.
Mit seiner am 16.02.2011 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Klage verfolgte der Kläger seine Ansprüche weiter.
Wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie der Antragstellung wird auf den Tatbestand des Ersturteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Endurteil vom 01.08.2011, das dem Kläger am 07.09.2011 zugestellt worden ist, ab mit der Begründung, dass die Stellenanzeige kein ausreichendes Indiz für die Ablehnung des Klägers wegen seines Alters darstelle.
Hiergegen legten die Klägervertreter namens des Klägers mit Schriftsatz vom 04.10.2011, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage eingegangen, Berufung ein und begründeten diese mit Schriftsatz vom 07.12.2011, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage innerhalb der bis zu diesem Tage verlängerten Berufungsbegründungsfrist.
Der Kläger trägt unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und dessen weiterer Vertiefung im Berufungsverfahren vor, dass er sich ernsthaft auf die Stelle beworben habe. Sie entspreche seinen Qualifikationen. Er bewerbe sich auf sämtliche Stellenangebote für Finanz- und Bilanzbuchhalter, unabhängig davon, ob die Stellenausschreibungen diskriminierende Elemente enthielten oder nicht. Im Jahr 2010 habe er mindestens 56 Bewerbungen geschrieben.
Die Bewerbung bei der Beklagten sei in ordentlicher Form in einem neuen, unbenutzten Plastikschnellhefter erfolgt.
Seiner Ansicht nach stelle das Angebot eines Arbeitsplatzes in einem "jungen" Team eine ältere Menschen diskriminierende Stellenausschreibung dar. Es lasse sich daraus vermuten, dass seine Bewerbung zumindest auch deshalb keinen Erfolg gehabt habe, weil er kein "junger" Bewerber gewesen sei. Es gebe hier keinen Unt...