Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung. Arbeitsbereich. Kassenaufsicht. Modernisierung, technische. Umstände. Veränderung. Versetzung. Eingruppierung im Einzelhandel
Leitsatz (amtlich)
Eine Vertretung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne liegt nicht vor, wenn einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer technischen Modernisierung zeitweilig eine Tätigkeit übertragen wird, bei der Teile seiner bisherigen Gesamttätigkeit entfallen und dafür andere Anforderungen hinzukommen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich die Arbeitsaufgabe als solche nicht ändert und keine räumliche und organisatorische Veränderung eintritt (hier: zeitweiliger Einsatz einer Kassiererin in einem SB-Warenhaus in einem neu eingerichteten sog. Selbstscanning-Kassenbereich).
Normenkette
BetrVG § 81 Abs. 1, § 95 Abs. 3, § 99 Abs. 1 S. 1; Einzelhandel-GehaltsTV Gehaltsgr IV
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 27.07.2005; Aktenzeichen 4 BV 36/05) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.07.2005 – 4 BV 36/05 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um die Frage, ob die zeitweilige Zuweisung von MitarbeiterInnen vom Kassenbereich zu neu eingereichteten Selbstscanning-Kassen eine Versetzung darstellt und um deren tarifgerechte Eingruppierung.
Die Arbeitgeberin betreibt in M. ein SB-Warenhaus. Sie hat in diesem Markt im Juni 2004 vier Selbstbedienungskassen eingerichtet, die von den Kunden selbst bedient werden. Dieser räumlich zusammenhängende einheitliche Kassenbereich wird von einer Mitarbeiterin überwacht und hauptsächlich kontrolliert, ob die Kunden alle Waren auf eine vorhandene Wiegestation legen. Ferner überprüft sie, ob Kinder bzw. Jugendliche, die diese Selbstbedienungskassen benutzen, Alkoholika oder Zigaretten einkaufen wollen, wogegen sie einschreiten muss.
Die die Selbstbedienungskassen überwachende Mitarbeiterin sitzt am Ende dieses Kassenbereiches auf einem erhöhten Stuhl und überwacht den Kassiervorgang durch unmittelbare Einsichtnahme oder durch einen Monitor, auf dem gleichzeitig alle vier Kassen zu beobachten sind. Diese Selbstbedienungskassen unterstehen der Teamleiterin Kasse. Die dort eingesetzten MitarbeiterInnen wurden etwa drei Tage in diese neue Tätigkeit eingewiesen. Sie werden zeitweise an den herkömmlichen Kassen und an den Selbstbedienungskassen eingesetzt. Bezüglich des zeitlichen Umfanges der an den Selbstscanning-Kassen eingesetzten Mitarbeiter den Kalenderwochen 7 bis 9 2006 wird auf eine Aufstellung Bezug genommen, die die Arbeitgeberin im Termin zur Anhörung der Beteiligten vor dem Beschwerdegericht vom 04.04.2006 zur Akte gereicht hat (vgl. Bl. 97 d.A.). Nach dieser Aufzeichnung war lediglich eine von 17 MitarbeiterInnen mit dem überwiegenden Teil ihrer individuellen Arbeitszeit an den Selbstbedienungskassen eingesetzt.
Die Arbeitgeberin hat die MitarbeiterInnen ohne Zustimmung des Betriebsrats zeitweilig den Selbstbedienungskassen zugeteilt, worin der Betriebsrat eine Versetzung und damit einen Verstoß gegen seine Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG sieht. Auch ist der Betriebsrat der Auffassung, dass die MitarbeiterInnen, die an den Selbstbedienungskassen beschäftigt werden, in die Gehaltsgruppe G IV des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz einzugruppieren seien, weil sie das in dieser Tarifgruppe genannte Merkmal der Kassenaufsicht erfüllen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Arbeitgeberin wird aufgegeben, es zu unterlassen, ohne vorherige erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte Zustimmung des Betriebsrates, Versetzungen von der Kasse an die Selbstscanning-Kassen vorzunehmen, falls nicht die Arbeitgeberin die für die Vornahme dieser Versetzungen als personelle Maßnahme gemäß §§ 99 ff. BetrVG bestimmten Schritte vorgenommen hat,
hilfsweise:
Der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, ohne vorherige erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte Zustimmung des Betriebsrates, Versetzungen der Mitarbeiterinnen Frau Erika K., Anna J., Frau P., Frau H., Frau F. und Frau O. von der Kasse an die Selbstscanning-Kassen vorzunehmen, falls nicht die Arbeitgeberin die für die Vornahme dieser Versetzung als personelle Maßnahme gemäß §§ 99 ff. BetrVG bestimmten Schritte vorgenommen hat,
höchst hilfsweise:
Festzustellen, dass es sich bei der Beschäftigung der Mitarbeiterinnen Frau Erika K., Anna J., Frau P., Frau H., Frau F. und Frau O. von der Kasse zur Selbstscanning-Kasse um eine Versetzung nach § 99 BetrVG handelt.
- Für jeden Fall Fall der Zuwiderhandlung der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 1.000,– anzudrohen.
- Festzustellen, dass die Mitarbeiter/-innen, die an der Selbstscanning-Kasse beschäftigt werden, in die Gehaltsgruppe G IV des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz einzugruppieren sind.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung ...