Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeitsprüfung der sofortigen Beschwerde gegen einen Aufhebungsbeschluss der Prozesskostenhilfebewilligung
Leitsatz (amtlich)
Im Falle der sofortigen Beschwerde gegen einen nicht in materielle Rechtskraft erwachsenden Beschluss - hier Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung - ist das Ausgangsgericht nur berechtigt, einer Beschwerde nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuhelfen, wenn diese statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Seine Prüfungskompetenz im Abhilfeverfahren beschränkt sich nicht auf die Kompetenz, die Begründetheit der Beschwerde zu überprüfen.
Leitsatz (redaktionell)
Aus der Systematik des Beschwerde- und Rechtsmittelrechts folgt, dass das Ausgangsgericht nur einer zulässigen Beschwerde abhelfen kann. Hierzu gehört, dass das Beschwerdegericht nur dann in eine inhaltliche Prüfung der angefochtenen Entscheidung eintreten darf, wenn das Rechtsmittel zulässig ist.
Normenkette
ArbGG § 78 S. 1; ZPO §§ 120 a, 127 Abs. 2 S. 3, § 569 Abs. 1 S. 1, § 572 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 15.06.2022; Aktenzeichen 9 Ca 186/20) |
Tenor
- Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15. Juni 2022 - 9 Ca 186/20 - wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, zugleich, wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses.
Dem Kläger wurde mit Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 16. April 2020 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt, einstweilen ohne Ratenzahlungsbestimmung.
Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 120a ZPO wurde der Kläger mit Schreiben vom 20. April 2022 über seinen Prozessbevollmächtigten aufgefordert, mitzuteilen, ob eine Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Bewilligungszeitpunkt eingetreten ist und den Erklärungsvordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erneut vollständig ausgefüllt vorzulegen. Nachdem innerhalb verlängerter Frist eine Stellungnahme nicht eingegangen waren, hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 16. April 2020 mit Beschluss vom 15. Juni 2020 aufgehoben und zur Begründung angeführt, da der Kläger die nach § 120a ZPO geforderten Angaben trotz Mahnung nicht geliefert habe, sei der Beschluss nach § 124 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO aufzuheben. Der Beschluss ist dem Klägervertreter am 22. Juni 2022 zugestellt worden.
Der Kläger hat über seinen Prozessbevollmächtigten mit am 12. August 2022 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 11. August 2022 "Erinnerung" gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfe eingelegt und geltend gemacht, er habe sich für längere Zeit im Ausland befunden und daher die gerichtlichen Anfragen nicht beantworten können. Nach Rückkehr und Kenntnisnahme habe er sich umgehend gemeldet. Seinem Schriftsatz hat der Kläger eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 08. August 2022 nebst Belegen zur Akte gereicht, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 43 ff. d. PKH-Beiheftes verwiesen wird.
Das Arbeitsgericht hat den Kläger darauf hingewiesen, dass das statthafte Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 15. Juni 2022 die sofortige Beschwerde sei, selbst wenn man den Schriftsatz vom 11. August 2022 jedoch als solche auslegen wolle, die Beschwerdefrist abgelaufen sei, weshalb um Mitteilung gebeten werde, ob der Rechtsbehelf zurückgenommen werde. Der Kläger hat seine sofortige Beschwerde nicht zurückgenommen, sondern mitgeteilt, aufgrund des Verstreichens der Frist sei darüber hinaus die Erinnerung gewählt worden; er sei finanziell weiterhin nicht in der Lage, die Rückzahlung zu tätigen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 30. August 2022 infolge Verfristung nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im weiteren Beschwerdeverfahren hat der Kläger, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden ist, geltend gemacht, aus den bereits dargelegten Gründen laufe eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe deren Grundgedanken zuwider. Er hat klargestellt, dass er hilfsweise auch eine Gegenvorstellung verfolgt mit dem Ziel der Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung wegen unbilliger Härte.
II. Die an sich nach §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte Beschwerde ist unzulässig. Sie war zu verwerfen.
1. Der Kläger hat die sofortige Beschwerde nicht fristgerecht eingelegt.
1.1. Gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO beträgt die Notfrist für die sofortige Beschwerde nach § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Prozesskostenhilfeverfahren einen Monat. Die Frist beginnt - soweit nichts anderes bestimmt ist - mit der Zustellung der Entscheidung. Im Prozesskostenhilfeverfahren ist jedenfalls dann an den Bevollmächtigten im Prozesskostenhilfeverfahren zuzustellen, wenn für dieses Verfahren ein Prozessbevollmächtigter bestellt ist; hierbei steht das Verf...