Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Beschwerde. Freistellung. Gegenstandswert. Integrationsamt. Kündigung. Kündigungsschutz. Rechtsmittelverzicht. Schwerbehinderung. Streitwert. Vergleichsmehrwert. Zeugnis. Zur Frage, ob ein Streit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht. Vergleichsmehrwert für Zeugniserteilung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Aussetzen eines Rechtsstreits über die leidensgerechte Beschäftigung eines schwerbehinderten Menschen bis zur Entscheidung des Integrationsamtes zur Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung dieses Arbeitnehmers belegt, dass ein Streit i. S. v. VV Nr. 1000 RVG der Parteien hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt. Die vergleichsweise Regelung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhöht in diesem Fall den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit.
2. Die Veranschlagung eines Vergleichsmehrwertes für die Erteilung eines Zeugnisses setzt voraus, dass die vergleichsweise Regelung einen Streit oder eine Ungewissheit der Parteien diesbezüglich beseitigt.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 3 S. 1; RVG VV Nr. 1000
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 28.04.2011; Aktenzeichen 6 Ca 1283/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz über die Festsetzung des Gegenstandswerts vom 28.04.2011, 6 Ca 1283/10, wie folgt geändert:
„Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für den Vergleich auf 16.950,– Euro festgesetzt”.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Den Beschwerdeführern werden keine Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Die beschwerdeführenden Prozessbevollmächtigten des Klägers wenden sich gegen
die Festsetzung des Gegenstandswerts ihrer anwaltlichen Tätigkeit durch das Arbeitsgericht.
Der Kläger hat mit seiner Klage im Verfahren 6 Ca 1283/10 einen Auskunftsanspruch im Zusammenhang mit der Feststellung von Giftstoffen in der Atemluft an seinem Arbeitsplatz gegen die Beklagte geltend gemacht. Er war bei der Beklagten seit Februar 1996 zu einer durchschnittlichen monatlichen Vergütung von ca. 3000,– Euro brutto beschäftigt.
Die Parteien haben dieses Verfahren am 17.03.2011 durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs beendet. Darin haben die Parteien zum einen die Beendigung des klägerischen Arbeitsverhältnisses durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung zum 30.09.2011 (Ziffer 1 des Vergleichs), in Ziffer 2 die Freistellung des Klägers von der Arbeitsleistung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses sowie die Inanspruchnahme sämtlicher Urlaubstage während dieser Zeit, in Ziffer 3 eine Abfindungszahlung, unter Ziffer 4 die Erteilung eines wohlwollenden, qualifizierten Zeugnisses, geregelt. Ziffer 5 sieht die Erledigung aller wechselseitiger Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis vor, wobei die Erledigung insbesondere auch für das zwischen den Parteien ebenfalls vor dem Arbeitsgericht Koblenz anhängige Verfahren 6 Ca 772/10 gelten soll.
In diesem Verfahren (6 Ca 772/10) hat der Kläger gegenüber der Beklagten beantragt, ihm einen leidensgerechten Arbeitsplatz, entsprechend seinem Grad der Behinderung von 60, zur Verfügung zu stellen. Dieses Verfahren hatte das Gericht zuvor mit Beschluss vom 15.12.2011 bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Integrationsamt Koblenz, bei dem die Beklagte einen Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gestellt hatte, ausgesetzt.
Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 29.03.2011 hat das Arbeitsgericht nach Anhörung mit Beschluss vom 28.04.2011 den Gegenstandswert für das Verfahren auf 3.000,– Euro, für den Vergleich ebenfalls auf 3.000,– Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Festsetzung bezüglich des Verfahrens entspreche einem Bruttomonatsgehalt für den Auskunftsanspruch. Für den Vergleich sei für Ziffer 5 ein Bruttomonatsgehalt wegen der darin enthaltenen Miterledigung des Verfahrens 6 Ca 772/10 festzusetzen. Ziffer 1 des Vergleichs sei nicht streitwerterhöhend, da nicht erkennbar sei, dass das Ende des Arbeitsverhältnisses in Streit gestanden habe.
Gegen diesen den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.05.2011 zugestellten Beschluss haben diese mit am 12.05.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Nach ihrer Ansicht sei Ziffer 1 des Vergleichs entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts streitwerterhöhend, da die Kündigung vom Arbeitgeber beabsichtigt und unmittelbar bevorgestanden habe, wie das Verfahren vor dem Integrationsamt gezeigt habe. Auch seien das vereinbarte qualifizierte Arbeitszeugnis und die Ausgleichsklausel betreffend aller übrigen Ansprüche bei der Wertfestsetzung nicht nachvollziehbar berücksichtigt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statt...