Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast bei Kündigung eines mit Mutter- und Tochterfirma abgeschlossenen und als einheitlich anerkannten Arbeitsvertrag. Umsetzungsmöglichkeit. Kündigung und Forderung
Leitsatz (amtlich)
Werden Arbeitsverträge mit zwei verschiedenen Arbeitgebern, die jedoch im Mutter-Tochterverhältnis stehen, geschlossen, so muß geprüft werden, ob die Einzelverträge jeweils für sich, eine abschließende und sinnvolle Regelung darstellen, die ohne den anderen Vertrag zu berücksichtigen, wirksam sein können. Wenn der eine Vertrag nur mit dem anderen Vertrag wirksam sein kann, so kann eine Kündigung nur von beiden Vertragsparteien gemeinsam erklärt werden. Liegt das mögliche Arbeitsgebiet des Arbeitnehmers auf einem Kontinent und kann es mehrere selbständige Tochterfirmen betreffen, so ist die Mutterfirma gehalten, die Behauptung, man habe im gesamten Bereich des Kontinentes keine freie Stelle auf der der Arbeitnehmer beschäftigt werden kann, unter Beweisangebot zu stellen, weil hier eine Umkehr der Beweislast anzunehmen ist. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Mutterfirmenvertrages verpflichtet ist, bei den anderen Tochterfirmen auf dem Kontinent die Arbeit aufzunehmen.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 10.01.1996; Aktenzeichen 8 Ca 1904/94) |
Nachgehend
Tenor
1.
DasUrteil desArbeitsgerichts Ludwigshafen vom10.01.1996 wird hinsichtlich Ziffer 1 und 2 des Tenors teilweise abgeändert und neu gefaßt wie folgt.
2.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der B. vom 31.05.1994, noch durch die Kündigung der Beklagten vom 20.06.1994 aufgelöst worden ist.
3.
Unter Zurückweisung des Beschäftigungsantrages im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, den Kläger zu den Bedingungen der Vereinbarung vom 02.02.1979 zwischen den Parteien als Projektingenieur zu beschäftigen.
4.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
5.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten, einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers, um die Zahlung von Arbeitsvergütung und im Berufungsrechtszug zusätzlich um weitere Leistungen der Beklagten und um die Wirksamkeit einer Kündigung des brasilianischen Tochterunternehmens der Beklagten.
Hinsichtlich der im ersten Rechtszug vorgebrachten Tatsachbehauptungen der Parteien, der von ihnen gestellten Anträge sowie der vom Arbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 64 (6) ArbGG i.V.m. § 543 (1) ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung vom 10.01.1996 sowie auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Schriftstücke und auf der. Inhalt der Protokolle der mündlichen Verhandlung einschließlich des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme Bezug genommen.
Gegen das den Parteien am 19.02.1996 zugestellte Urteil vom 10.01.1996 legte die Beklagte am 14.03.1996 die zugleich begründete Berufung ein, während der Kläger am 19.03.1996 die selbständige Anschlußberufung einlegte und sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 07.05.1996 begründete.
In Ergänzung und Erweiterung ihres Vortrages erster Instanz trägt die Beklagte vor, es habe lediglich ein Arbeitsvertrag zwischen der B. und dem Kläger bestanden, nicht aber ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Aus der Vereinbarung vom 02.02.1979 zwischen den Parteien folge allenfalls, daß im Falle einer betriebsbedingten Kündigung durch B. die Beklagte verpflichtet sei, für den Kläger ein Arbeitsverhältnis mit einer anderen Gesellschaft der B. Gruppe in Lateinamerika zu vermitteln. Hierum habe sich die Beklagte erfolglos bemüht. Der Länderbereichsleiter Lateinamerika Süd der Beklagten, Herr W., habe auf Nachfrage ebensowenig einen Arbeitsplatz für einen Projektingenieur gehabt wie Herr G. für den Länderbereich Amerika Nord. In Lateinamerika werde gegenwärtig fast ausschließlich nur noch in bestehende Anlagen investiert mit der Folge, daß eine starke Reduzierung der Planungskapazitäten erforderlich sei. Auch im Produktionsbereich werde dort Peronal abgebaut. Daher habe die Beklagte dem Kläger keine Tätigkeit als Projektingenieur in Brasilien oder in einem anderen lateinamerikanischen Land anbieten können. Daher habe sie auch die Vereinbarung vom 02.02.1979 mit Schreiben vom 20.06.1994 gekündigt.
Hinsichtlich der Kündigung durch die Firma B. sei auszuführen, daß es sich hierbei um die Arbeitgeberin des Klägers gehandelt habe. Für das Vertragsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger habe deutsches Recht nicht gelten sollen. Zudem sei bei der Firma B. die Funktion des Projektmanagers mit erheblicher Führungsverantwortung weggefallen, bedingt durch die Fusion der B. und der Firma G. und die Investitionslage in Brasilien. Die B. könne den Kläger nicht weiter beschäftigen, da ein entsprechender Arbeitsplatz nicht zur Verfügun...