Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der variablen Vergütung eines mit der Führung und fachlichen Leitung einer Klinik beauftragten Universitätsprofessors. Voraussetzungen des Anspruchs auf Auskunft über die Nettoliquidationssumme der ärztlichen Honorare
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein Klinikdirektor nach dem geschlossenen Vertrag an der Nettoliquidatonssumme seiner ambulanten und stationären wahlärztlichen Leistungen prozentual beteiligt, so steht ihm ein Anspruch auf Auskunft über die Höhe der Nettoliquidationssumme zu.
2. Haben die Parteien des Arbeitsvertrages eine variable Vergütung für Forschung und Lehre sowie nach Maßgabe des wirtschaftlichen Erfolgs der geleiteten Klinik vereinbart, so führt allein das Fehlen einer Zielvorgabe oder Zielvereinbarung nicht dazu, dass die variable Vergütung nicht beansprucht werden kann.
3. Ist eine ausdrückliche Vereinbarung nicht getroffen worden, so ist auch eine gerichtliche Bestimmung nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB nicht möglich.
4. Vielmehr besteht ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen der nicht getroffenen Zielvereinbarung. So verletzt der Arbeitgeber etwa dann eine vertragliche Nebenpflicht, wenn es ihm oblag, die Initiative zur Führung eines Gesprächs mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung zu vergreifen und er ein solches Gespräch nicht anberaumt hat.
5. Der Höhe nach umfasst der Schadensersatzanspruch auch den entgangenen Gewinn als den zu ersetzenden Schaden.
Normenkette
BGB §§ 254, 280 Abs. 1; ZPO § 254; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 29.03.2017; Aktenzeichen 1 Ca 700/16) |
Tenor
- Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.3.2017 - 1 Ca 700/16 - ebenso hinsichtlich der Ziff. 1 aufgehoben wie auf die Berufung der Beklagten.
- Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Nettoliquidationssumme gem. § 10 Abs. 5 des Dienstvertrages vom 21.3.2011 für das Jahr 2015 zu erteilen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 60.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 4.1.2017 zu zahlen. Die weitergehende Klage insoweit wird abgewiesen.
- Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
- Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtstreits streiten darüber, ob dem Kläger noch Zahlungsansprüche auf variable Vergütung für das Jahr 2015 gegenüber der Beklagten zustehen.
Mit der Klage begehrt er im Wege der Stufenklage die Verurteilung der Beklagten, ihm Auskunft über die Höhe der Nettoliquidationssumme und den geprüften Jahresabschluss des Kalenderjahres 2015 zu erteilen, sowie nach erteilter Auskunft an ihn die sich hieraus ergebende Beteiligungssumme gem. § 10 Abs. 5 i. V. m. § 10 Abs. 7 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Dienstvertrages auszuzahlen. Des Weiteren verlangt der Kläger im Wege der bezifferten Leistungsklage die Verurteilung der Beklagten, an ihn eine variable Vergütung i. H. v. 80.000,00 EUR brutto gem. § 2 Abs. 2, § 10 Abs. 2 des Dienstvertrages zu zahlen.
Der Kläger ist bei der Beklagten aufgrund privatrechtlichen Dienstvertrages vom 31.03.2011 seit dem 15.04.2011 als Leiter der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik eingestellt worden. Zwischen den Parteien sind mehrere Rechtsstreitigkeiten derzeit beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz anhängig, die u. a. die Anfechtung des Dienstvertrages durch die Beklagte, mehrere außerordentliche Kündigungen, eine ordentliche Kündigung sowie einen Auflösungsantrag der Beklagten zum Streitgegenstand haben.
Zur Frage der variablen Vergütung enthält der Dienstvertrag vom 31.03.2011, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 28 ff. d. A. Bezug genommen wird, u. a. folgende Regelungen:
"§ 2
(1) Herr Univ.-Prof. Dr. A. erhält für seine Tätigkeit in Forschung und Lehre im Rahmen seiner W3-Professur eine feste Jahresvergütung in Höhe von 85.000,00 EUR brutto(in Worten: fünfundachtzigtausend Euro). Die feste Jahresvergütung wird entsprechend des tariflichen Geltungsbereiches für Forschung und Lehre dynamisiert, erstmals zum 16.04.2012. Dabei soll die wirtschaftliche Situation der Universitätsmedizin Berücksichtigung finden.
(2) Zuzüglich zur fixen Jahresvergütung erhält Herr Universitätsprofessor Dr. G. für Forschung und Lehre unter Berücksichtigung definierter Kriterien, die die Forschungsaktivitäten wiedergeben sowie den Umfang der Drittmittelakquisition und die Lehrqualität (......) eine variable Vergütung in Höhe von bis zu 25.000,00 EUR (....). Die konkreten Kriterien für die Zahlung des variablen Anteils werden jährlich zwischen dem Vorstand und Herrn Universitätsprofessor Dr. G. gemäß des in der Universitätsmedizin üblichen Verfahrens abgestimmt.
(3) Tritt eine nachhaltige wirtschaftliche Verschlechterung der Gesamtsituation der Universitätsmedizin ein, ist der Vorstand berechtigt, die vorgesehene maximale variable Jahresvergütung in angemessenem Umfang anzupassen, j...