Entscheidungsstichwort (Thema)
Angebot. Annahmeverzug. Erfüllungstauglichkeit. Erfüllungstauglichkeit eines Annahmeverzug auslösenden Angebotes
Leitsatz (redaktionell)
Ist der Arbeitnehmer aus den in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vertraglich übernommene Tätigkeit vollständig zu verrichten, kann die Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB es dem Arbeitgeber gebieten, von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch zu machen und die zu erbringende Leistung erneut zu konkretisieren, so dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich ist. Das muss erst recht gelten, wenn ein zeitlich quantitativer geringer Teil der Arbeitsleistung – dazu noch vorübergehend – nicht erbracht werden kann.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 615
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 26.11.2010; Aktenzeichen 2 Ca 293/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.11.2010 – 2 Ca 293/08 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Nach erfolgreichen Kündigungsschutzverfahren macht die Klägerin gegenüber der Beklagten Gesamtvergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die Zeit vom 01. Februar 2006 bis 31. Mai 2010 geltend.
Die am 08. Januar 1952 geborene Klägerin wurde ab 01. März 2000 von der Beklagten als Erzieherin mit einem Basisgehalt von 3.036,71 EUR brutto beschäftigt.
Mit Schreiben vom 30.01.2006 hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses, hilfsweise die Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.2006 erklärt. Die Parteien führten sodann bezüglich dieser Kündigung einen Kündigungsrechtsstreit (Arbeitsgericht Koblenz, 2 Ca 339/06; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 5 Sa 824/06; Bundesarbeitsgericht, 3 AZN 875/07), in welchem letztlich die Feststellung des Arbeitsgerichts Koblenz in Ziffer I. des Urteilstenors vom 11.08.2006, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30.01.2006 aufgelöst wurde, rechtskräftig wurde.
Mit weiterem Kündigungsschreiben vom 21.08.2006 hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin erneut die fristlose Kündigung, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2006 ausgesprochen. Diesbezüglich führten die Parteien wiederum einen Kündigungsrechtsstreit (Arbeitsgericht Koblenz, 2 Ca 2046/06; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 5 Sa 639/07), in welchem letztlich die Feststellung in Ziffer I. des Urteilstenors des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.05.2007, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 21.08.2006 nicht aufgelöst worden ist, rechtskräftig wurde.
Die Klägerin wurde nach der fristlosen Kündigung vom 30.01.2006 und auch nach Beendigung der oben genannten Kündigungsrechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien von der Beklagten nicht weiter beschäftigt.
Hinsichtlich der erstinstanzlich vertretenen Auffassungen der Parteien sowie zu den Klageanträgen Nr. 1 bis Nr. 37 wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26. November 2010 – 2 Ca 293/08 – (Seite 8 bis 15 = Bl. 354 – 366 d. A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat in dem vorerwähnten Urteil die verfolgten Ansprüche aus Annahmeverzug ganz überwiegend für begründet gehalten.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt im streitgegenständlichen Zeitraum sei von einer Arbeitsfähigkeit der Klägerin auszugehen. Sie sei zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung vom 30. Januar 2006 nicht arbeitsunfähig krank geschrieben gewesen. Dies folge aus der ärztlichen Bescheinigung des Dr. S. vom 19. November 2008 und der Bescheinigung der Krankenkasse vom 21. November 2008. Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin im Hinblick auf Rückenschmerzen Medikamente eingenommen habe und deshalb im Januar 2006 eine Dienstfahrt abgelehnt habe, könne nicht von Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum ausgegangen werden.
Aufgrund der schriftlichen Zeugenaussage des Dr. B. und des Prof. Dr. Dr. h. c. N. und unter Berücksichtigung der zuvor eingereichten Schreiben des Dr. B. vom 24. November 2008 sei im Ergebnis davon auszugehen, dass die Klägerin vom 27. Oktober 2005 bis 04. April 2006 in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin in B. wegen Rückenbeschwerden zeitlich begrenzt in ambulanter Behandlung bei Durchführung einer medikamentösen Schmerztherapie begleitend mit Krankengymnastik und Wärmetherapie gewesen sei, jedoch keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe.
Die Zeugen hätten in ihren schriftlichen Aussagen keinesfalls eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bestätigt. Der Zeuge Dr. B. habe bekundet, dass die durchgeführte Medikation eher selten eine Arbeitsunfähigkeit bewirke und der Klägerin keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt worden sei. Der Zeuge Prof. Dr. Dr. h. c. N. habe bekundet, dass hinsichtlich des Medikamentes Amitriptylin eine Dosierung von 10 mg gewählt worden sei, welche mit an Sicher...