Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweisverwertungsverbot. Parteianhörung. Sachvortrag, wechselnder. Substantiierungsanforderungen. Telefonat, abgehörtes. Vieraugengespräch. Zur Darlegung und Beweisführung einzelvertraglicher Abreden zur Urlaubsgewährung und zur Urlaubsübertragung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht verbietet es, einer Partei, die ihre Behauptung über den Inhalt eines Gesprächs allein durch ihre eigene Vernehmung führen kann, dieses Beweismittel zu verwehren und die Partei in ihrer Beweisnot zu belassen. Die Partei ist unter den Voraussetzungen des § 448 ZPO als Partei zu vernehmen oder im Wege der Parteianhörung nach § 141 ZPO persönlich zu hören. Dies ist in der Rechtssprechung auch anerkannt für die Fallgestaltung, dass in einem Zivilprozess eine Seite auf einen ihr nahestehenden Zeugen zurückgreifen kann, während die andere Seite an einem „Vieraugengespräch” lediglich allein beteiligt war.

2. Durch das absichtliche heimliche Mithörenlassen von Telefongesprächen wird das aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners verletzt, der von dem Mithören keine Kenntnis hat. Die gerichtliche Verwertung dieses Beweismittels ist im rechtsstaatlichen Verfahren ausgeschlossen.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1; ZPO §§ 141, 445, 529 Abs. 1 Ziff. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 23.06.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1795/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 23.06.2010 – AZ: 1 Ca 1795/09 –, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Urlaubsentgelt sowie um Urlaubsabgeltung.

Zwischen den Parteien bestand vom 01.10.1998 bis zum 30.11.2009 ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger war bei dem Beklagten als Servicetechniker beschäftigt, zuletzt gegen eine Vergütung in Höhe von 12,50 EUR pro Stunde brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen.

Am 30.10.2009 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.11.2009. Bei der Übergabe des Kündigungsschreibens kam es zu einer Unterredung mit der Tochter des Beklagten, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Im Anschluss daran gab er das ihm zur Verfügung gestellte Werkzeug zurück und nahm die Arbeitsleistung bis zum 30.11.2009 nicht mehr bei dem Beklagten auf.

Der Kläger hatte im Rahmen seines Arbeitsvertragsverhältnisses einen jährlichen Anspruch auf Erholungsurlaub im Umfang von 30 Tagen. In den Jahren 1999 bis 2006 wurde dem Kläger jedoch nicht der volle vereinbarte Jahresurlaub gewährt. Im Jahr 2007 wurden dem Kläger 37 Urlaubstage und im Jahr 2008 34 Urlaubstage gewährt. Im Jahr 2009 hatte der Kläger bis zu seiner Kündigung am 30.10. insgesamt 27,5 Tage Urlaub. Mit der Abrechnung für den Monat November 2009 wurden dem Kläger zur Abgeltung von vier weiteren Urlaubstagen insgesamt 509,22 EUR brutto gezahlt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 23.06.2010 (dort S. 3, 4, Bl. 126, 127 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.199,90 EUR brutto abzüglich gezahlter 509,22 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 9.199,90 EUR für die Zeit vom 01. bis 17.12.2009 sowie aus 8.690,68 EUR seit 18.12.2009 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I. A., H. A., A., E. F. und M. St.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 23.06.2010 (Bl. 74 – 88 d. A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem Urteil vom 23.06.2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt:

Eine Vergütung für November 2009 habe dem Kläger nicht zuerkannt werden können, da der Kläger seine Behauptung, er sei im Anschluss an die Übergabe seiner Eigenkündigung am 30.10.2009 von der Arbeitsleistung unter Anrechnung auf seinen Resturlaub freigestellt worden, nicht habe beweisen können. Die hierzu vernommenen Zeugen I. A. und H. A. hätten bekundet, dass in ihrer Gegenwart eine Freistellung nicht angesprochen worden sei. Nach §§ 447, 448 ZPO habe der Kläger, da auch die Beklagte mit der Parteivernehmung nicht einverstanden gewesen sei, nicht als Partei vernommen werden können. Hinsichtlich des von der Zeugin F. abgehörten Telefonats bestehe ein Beweisverwertungsverbot, da dieses heimlich erfolgt sei. Die Zeugin sei auch nicht zu der Behauptung des Klägers zu vernehmen, der Kläger habe ihr am 30.10. erzählt, er sei von Frau A. mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung auf den Urlaub von der Arbeitsleistung freigestellt worden. Unterstelle man dies als wahr, so wäre damit nicht b...

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