Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Arbeitszeit. Ausstempeln. Kündigung. Raucherpause. Kündigung wegen Raucherpausen. Raucherpause während der Arbeitszeit ohne Ausstempeln
Leitsatz (redaktionell)
Der Verstoß gegen eine ausdrückliche Pflicht der Arbeitnehmer, sich für Raucherpausen auszustempeln, kann die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 23.10.2009; Aktenzeichen 2 Ca 41/09) |
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.10.2009, Az.: 2 Ca 41/09, abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten zu 2) vom 22.12.2008 wegen Raucherpausen.
Der Kläger (geb. am 03.08.1974, getrennt lebend, ein Kind) war seit dem 01.12.2000 im Betrieb der Beklagten als Maschinenführer zu einem Bruttomonatentgelt von zuletzt EUR 2.193,92 beschäftigt. Der Kläger ist von der Beklagten zu 1) eingestellt worden; die Beklagte zu 2) ist am 10.10.2003 durch formwechselnde Umwandlung der Beklagten zu 1) entstanden (AG W.-Stadt HRA). Die Beklagte zu 2) stellt Verpackungsmaterial her. Sie beschäftigt nach ihren Angaben 20 bis 21, nach Angaben des Klägers 30 Arbeitnehmer.
Die Beklagten haben dem Kläger seit 2002 insgesamt sechs schriftliche Abmahnungen erteilt (Bl. 50-56 d.A.). Die vorletzte Abmahnung vom 21.02.2006 (Bl. 55 d.A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„1. Trotz mehrfacher mündlicher Abmahnungen halten Sie es nicht für nötig, Ihre Raucherpausen an- und abzustempeln.
Dieses ist Betrug und kann unter anderem auch lt. Arbeitsgericht zur fristlosen Kündigung führen (Persönliche Vorteilsnahme und Bereicherung). …”
Die letzte Abmahnung vom 02.05.2007 (Bl. 56 d.A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Sie haben zum wiederholten Mal Ihre Pausen nicht an- und abgestempelt.
Wir haben diesen und auch andere Punkte bereits mehrfach mit Ihnen besprochen. Sie haben bereits im vergangenen Jahr wegen genau diesem Punkt eine schriftliche Abmahnung erhalten. …”
Mit Schreiben vom 31.07.2007 hatte die Beklagte zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30.09.2007 gekündigt. Diese Kündigung soll nach dem Vortrag der Beklagten wegen Nichtabstempelns von Raucherpausen erfolgt sein, was der Kläger bestreitet. Im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Koblenz (Az.: 2 Ca 1809/07) einigten sich die Parteien in einem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 31.08.2007 auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen.
Am 08.12.2008 erteilte die Beklagte zu 2) allen Arbeitnehmern eine schriftliche Betriebsanweisung zum Rauchverbot (Bl. 57 d.A.). Die Anweisung wurde laut Verteiler insgesamt 24 Arbeitnehmern ausgehändigt. Der Kläger hat den Empfang am 08.12.2008 durch seine Unterschrift bestätigt. Die Anweisung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„… Die Unterbrechung der Arbeit zum Zwecke des Rauchens ist keine Arbeitszeit. Diese sind daher Pausen (Raucherpausen) und als solche abzustempeln.
…
Verstöße gegen diese Betriebsanweisung ziehen unmittelbar arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich.
Nichtstempeln der Raucherpausen führt zu einer fristlosen Entlassung, da es sich hierbei um Urkunden- /Dokumentenfälschung handelt. …”
Die Zeugin B. fertigte am 08.12.2008 ein Gesprächsprotokoll (Bl. 59-62 d.A.). Danach soll am 08.12.2008 in ihrer Anwesenheit ein Einzelgespräch – u.a. zum Rauchverbot – zwischen dem Geschäftsführer und dem Kläger stattgefunden haben, was der Kläger bestreitet.
Die Beklagte zu 2) wirft dem Kläger vor, am 15.12.2008 und am 16.12.2008 Raucherpausen eingelegt zu haben, ohne die Pausen abzustempeln, was der Kläger bestreitet.
Die Beklagte zu 2) kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.12.2008, dem Kläger am 23.12.2008 zugegangen, fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31.03.2009. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 06.01.2009 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) hat er am 06.05.2010 mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.10.2009 (dort Seite 2-4 = Bl. 85-87 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungen vom 22.12.2008 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat der Klage mit Urteil vom 23.10.2009 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, sowohl die fristlose, als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung seien unw...