Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB setzt substantiierten Vortrag voraus, welche kündigungsberechtigte Person wann von welchem Sachverhalt Kenntnis erlangt hat.
2. Vereinbarungen des Arbeitnehmers mit einem geschäftsführenden Gesellschafter können nicht zum Gegenstand einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemacht werden, sofern nicht dargelegt wird, dass beide kollusiv zum Nachteil der Arbeitgeberin zusammen gewirkt haben (hier: verneint).
Normenkette
BGB §§ 626, 626 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 22.06.2017; Aktenzeichen 6 Ca 887/16) |
Tenor
- Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz -Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22.06.2017 - 6 Ca 887/16 - teilweise - hinsichtlich des Antrags zu 1) (Bl. 242 d. A.) aufgehoben.
- Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 14.11.2016 weder außerordentlich fristlos, noch ordentlich zum nächstmöglichen Termin aufgelöst wird.
- Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen und 4/5 der Kosten des erstinstanzlichen Rechtszuges. Der Kläger hat 1/5 der erstinstanzlichen Kosten zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten im Berufungsverfahren (nur noch) darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund außerordentlicher, oder aber ordentlicher Kündigung zum nächstmöglichen Termin aufgelöst worden ist, oder aber nicht.
Der Kläger ist seit dem 01.02.2004 zunächst als Aushilfsfahrer auf Abruf mit einer Wochenarbeitszeit von 17 Stunden bei der Beklagten eingestellt worden. Sein Arbeitsentgelt dafür betrug pauschal 646,00 EUR im Monat. Der Arbeitsvertrag, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 5-7 d. A. Bezug genommen wird, wurde vom Vater des Klägers, der zum damaligen Zeitpunkt geschäftsführender Gesellschafter war, unterzeichnet.
Am 29.03.2004 haben die Parteien in Form der gleichen handelnden Personen den Arbeitsvertrag dahingehend geändert, dass der Kläger als kaufmännischer Angestellter der Lohngruppe 300 mit 38,5 Wochenstunden ab dem 01.04.2004 zu einem Gehalt von 1.830,71 EUR brutto beschäftigt wird. Daneben wurde ihm bis 31.03.2005 ein Fahrgeld von monatlich 270,00 EUR zugebilligt.
Ab 01.12.2004 wurde der Kläger in die Lohngruppe 400 hochgestuft. Das Fahrgeld wurde verlängert bis zum 31.03.2006 und schließlich weiterhin bis zum 31.03.2007.
Am 28.12.2006 hat der Kläger mit seinem Arbeitgeber, wiederum vertreten durch seinen Vater als geschäftsführender Gesellschafter, eine Provisionsregelung vereinbart, wonach dem Kläger 0,7 % Provision für den vermittelten "Neukunden-Nettoumsatz" gewährt wurde.
Mit Änderungsvertrag vom 03.01.2007 haben die Parteien das Fahrgeld ab dem 01.01.07 auf 189,00 EUR reduziert. Mit Änderungsvertrag vom 17.01.2007 erhielt der Kläger eine Zulage von 10 % der Lohngruppe 40/ Gruppenalterzulage in Höhe von 144,60 EUR. Mit Änderungsvertrag vom 31.12.2007 haben die Parteien das Fahrgeld bis zum 31.12.2008 auf 189,00 EUR festgeschrieben. Mit Änderungsvertrag vom 30.09.2008 wurde der Kläger in die Lohngruppe 600/40 mit einem Monatsgehalt von 2.681,77 EUR eingruppiert. Mit einem Nachtrag vom 05.07.2010 erhielt der Kläger weitere 400,00 EUR Aufstockung zum Grundgehalt. Schließlich erhielt er mit Änderungsvertrag vom 15.01.2016 eine monatliche Leistungszulage von 200,00 EUR brutto. Seit dem 01.01.2009 hat die Beklagte dem Kläger monatlich Fahrgeld in Höhe von 150,00 EUR bezahlt.
Zwischen den Parteien besteht Streit über den konkreten Aufgabeninhalt des Klägers im Einzelnen und insbesondere eine von der Beklagten am 14.11.2016 ausgesprochene außerordentliche, vorsorglich ordentliche Kündigung zum nächst zulässigen Termin.
Eine bereits zuvor am 27.10.2016 erklärte außerordentliche Kündigung der Beklagten wurde übereinstimmend für gegenstandslos erklärt.
Der Kläger hat vorgetragen,
er sei in die Auseinandersetzungen zwischen den Geschäftsführern und Gesellschaftern der Beklagten, die auch seinen Vater beträfen, ohne Grund einbezogen worden. Auch sein Bruder habe grundlos eine außerordentliche Kündigung erhalten. Hintergrund der Auseinandersetzung sei, dass sein Vater und sein Bruder U. und R. A. nicht hätten einwilligen können, ein Gebäude am G. an die XY deutlich unter Buchwert zu verkaufen. Man habe ihn in diesem Zusammenhang aufgefordert, seinen Firmenwagen abzugeben, die pauschale Rufbereitschaft gekündigt und es seien negative Gerüchte über ihn gestreut worden. Er habe keinerlei Zahlungen erhalten, die ihm nicht zugestanden hätten. Auch habe er nicht mit seinem Vater kollusiv zu Lasten der Firma zusammengearbeitet.
Vielmehr habe er in seiner Beschäftigungszeit im Wesentlichen dazu beigetragen, dass sich der Umsatz der Firma von 2,5 Mio auf nunmehr ca. 6,1 Mio Euro im Jahr gesteigert habe. Er habe viele Jah...