Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltsverschulden. Wiedereinsetzung. Falsche Fax-Nummer

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen Verwendung einer unzutreffenden Faxnummer (Landessozialgericht statt Landesarbeitsgericht) ist erst dann unverschuldet, wenn glaubhaft gemacht wird, dass eine hinreichende, jedes Verschulden ausschließende Kontrolle hinsichtlich der Richtigkeit der verwendeten Fax-Nummer gegeben war.

 

Normenkette

ZPO § 233

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 02.06.2004; Aktenzeichen 1 Ca 64/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 02.06.2004 – 1 Ca 64/04 – wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Klägerin ging am 20.12.2003 eine außerordentliche Arbeitgeberkündigung der Beklagten vom 19.12.2003 zu. Mit Klageschrift vom 12.01.2004, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 1 und 2 d. A. verwiesen wird, hat die Klägerin eine Klage erhoben. Das Arbeitsgericht wies durch Urteil vom 02.06.2004 die Klage ab. Das Urteil wurde der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 22.06.2004 zugestellt. Per Telefax, eingegangen am 22.07.2004 legte sie Berufung ein. In diesem Telefax ist bereits die Fax-Nummer 06131/1415000, die dem Landessozialgericht gehört unter die Adresszeile gesetzt. Das Fax wurde zum Landessozialgericht geschickt und am gleichen Tag dem Landesarbeitsgericht weitergeleitet.

Mit Schriftsatz vom 23.08.2004 ebenfalls mit Fax wiederum an das Landessozialgericht geschickt und am gleichen Tag an das Landesarbeitsgericht weitergegeben beantragte die Klägerin Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 22.09.2004, welche gewährt wurde.

Mit Schriftsatz vom 22.09.2004, wiederum gefaxt zum Landessozialgericht und dort an diesem Tag eingegangen begründete sie die Berufung. Ausweislich des Aufdrucks auf dem Fax wurde das Schreiben um 18:28 Uhr versandt. Der Schriftsatz wurde dem Landesarbeitsgericht am 23.09.2004 weitergeleitet und erhielt dort einen Eingangsstempel.

Auf Hinweis des Gerichts wegen Verspätung hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung angegeben, der Prozessbevollmächtigte habe der äußerst souverän und zuverlässigen, im 3. Lehrjahr sich befindenden Auszubildenden Frau D B unmissverständlich den Auftrag gegeben, den Berufungsschriftsatz an das Landesarbeitsgericht zu faxen. Aufgrund eines Ablesefehlers habe sie das Fax versehentlich an das Landessozialgericht Mainz gerichtet.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 02.06.2004 (1 Ca 64/04) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch fristlose Kündigung vom 19.12.2003 noch durch die ordentliche Kündigung vom 15.03.2004 aufgelöst wurde sondern fortbesteht.

Sie beantragt weiter,

gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung für unzulässig, im Übrigen für unbegründet. Bereits die Klageschrift genüge nicht den gesetzlichen Erfordernissen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 09.12.2004.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin war als unzulässig zu verwerfen. Sie ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet worden. Die Frist zur Begründung der Berufung lief, nachdem diese Frist durch Entscheidung des Vorsitzenden bis zum 22.09.2004 verlängert worden war, an diesem Tag ab. Ein die Berufung begründender Schriftsatz ist innerhalb der Frist nicht eingegangen. Damit erweist sich das Rechtsmittel als nicht zulässig (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Der Klägerin konnte wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden. Gegen die Fristversäumung hat die Klägerin zwar in zulässiger Weise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, insbesondere hat sie den Antrag in der gebotenen Form (§ 236 ZPO) und innerhalb der hierfür geltenden Frist (§ 234 ZPO) gestellt. Ihr Antrag ist jedoch sachlich unbegründet. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumung auf einem Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin i. S. v. § 233 ZPO beruht, welches der Klägerin gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.

Fristgebundene Schriftsätze können mit Telefax fristwahrend übermittelt werden. Dabei darf der Anwalt das Absenden des Telefaxes auch einer zuverlässigen, hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft übertragen. Allerdings ist der Anwalt gehalten, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen im größtmöglichen Umfang auszuschließen.

Für die richtige Adressierung des Schriftsatzes trägt der Anwalt auch bei der Übermit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge