Entscheidungsstichwort (Thema)
Unerlaubtes Installieren einer Web-Camera. Auflösung
Leitsatz (redaktionell)
Ein arbeitgeberseitiger Auflösungsantrag kann mit Erfolg darauf gestützt werden, dass der betreffende Arbeitnehmer in seinem Büro heimlich eine Web-Camera installiert hat, mit welcher er sein Büro betretende Personen erfasst und die Bilder in seine Wohnung überträgt.
Normenkette
KSchG §§ 1, 9
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 23.03.2004; Aktenzeichen 7 Ca 1842/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 23.03.2004 – AZ: 7 Ca 1842/02 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:
Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird zum 31. August 2002 aufgelöst.
Der Kläger erhält eine Abfindung in Höhe von 10.000,– EUR von der Beklagten.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.
Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, welcher seit März 1996 bei der Beklagten zuletzt als Systemadministrator im EDV-Bereich und als Stellvertreter im Bereich der Qualitätssicherung bei einem Bruttogehalt von 3.359,90 EUR beschäftigt ist, hat sich mit seiner Klage vom 17.06.2002 zunächst gegen eine mit Schreiben vom 11.06.2002 erklärten fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten gewehrt und am 18.09. die Klage um die Gehaltsforderung für Juni bis August und wegen einer erneuten fristlosen Kündigung vom 07.10.2002 am 14.10.2002 erweitert.
Seine Klage hat er im Wesentlichen damit begründet, dass er keinen Anlass zur Kündigung gegeben habe und die Webcamera an seinem Arbeitsplatz deshalb positioniert habe, um die Funktion zu testen, da sie zuhause am USB-Anschluss nicht funktioniert habe. Die Kamera habe lediglich Fotos auf dem PC speichern können, wobei er sich nicht angesehen habe, ob und gegebenenfalls was aufgenommen worden sei.
Am 11.06.2002 habe er bei der Arbeit an einem Drucker bemerkt, dass die Passwörter geändert worden seien und habe sie aus Angst vor einer Manipulation zusammen mit den Root-Log in's von einem anderen Firmenrechner wieder geändert.
Der Vorwurf, er habe privat im Internet gesurft und pornografische Dateien auf dem Betriebscomputer herunter geladen sei nicht richtig und die vorgelegten Dateienlisten seien durch Änderung der Systemdaten manipuliert.
Da die Kündigung unwirksam sei, stünden ihm für die Monate Juni, Juli und August 2002 das vertragsgemäße Gehalt zu, wobei die für Juni gezahlte Teilleistung von 1.914,15 EUR netto abgesetzt werden müssten.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 11.06.2002 beendet worden ist;
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die fristlose Kündigung vom 07.10.2002 beendet worden ist;
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.165,55 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG aus jeweils 3.359,90 EUR seit dem 30.07.2002 und dem 30.8.2002, sowie aus 1.445,75 EUR seit dem 30.06.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG aufzuheben.
Sie hat vorgebracht, dass der Kläger, angesichts der ihm bekannt gewordenen erheblichen wirtschaftlichen Problemen der Beklagten, mehrfach gegenüber Mitarbeitern erklärt habe, dass er gehe, falls der Alte nicht binnen vier Wochen gehe, dass der Alte endlich verschwinden solle, dies sei seit langem überfällig, dass aufs falsche Pferd gesetzt werde, dass hier alles falsch gemacht werde und schließlich, dass die große Scheiße machen.
Am 11.06.2002 habe man zufällig bemerkt, dass der Kläger eine Webcamera im toten Winkel versteckt positioniert habe, die insbesondere die Tastatur des Arbeitsplatzrechners aufgenommen habe. Darüber hinaus habe der Kläger Software auf dem Computer installiert, mit der die von der Webcamera aufgezeichneten Bilder automatisch per E-Mail hätten verschickt werden können. Der Kläger habe dies offensichtlich deshalb getan, um geschäftliche oder private Dinge auszuspionieren, die ihm sonst verborgen geblieben wären. Nach der getroffenen Feststellung habe man das Passwort auf dem Großrechner geändert und nach Rückkehr aus der Mittagspause festgestellt, dass das neue Passwort und auch die Root-Log in's ohne Unterrichtung der Beklagten geändert worden seien, weswegen sie habe nicht mehr in den Rechner hineingehen können. Der Kläger habe diese Änderung nur von zuhause aus vornehmen können, weil er über die Webcamera die Eingabe des neuen Passwortes beobachtet habe.
Nach der Kündigung habe man auf dem Arbeitsplatzrechner des Klägers Daten gesucht, die der Kläger wohl vom 11.06. bis 11.07.2002 systematisch gelöscht habe, um Dateien zu löschen, die auf eine unzulässige private Nutzung des Rechners hingewiesen hätten. Die Überprüfung des Rechners habe ergeben, dass der Kläger während seiner Arbeitszeit nicht ...