Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Schadenersatz. vertragswidriges Verhalten. Abmahnungserfordernis bei Auflösungsverschulden. unbegründete Schadensersatzklage gegen Arbeitgeberin bei unzureichender Leistungsaufforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen Auflösungsverschuldens der Arbeitgeberin setzt eine Abmahnung voraus.

2. Ein Schreiben des Arbeitnehmers entfaltet insoweit keine Rechtswirkungen, wenn für Januar 2011 ein Auszahlungsbetrag von 1.331,10 gefordert und dabei nicht berücksichtigt wird, dass am 25.02.2011 auf den Januarlohn eine Teilzahlung von 500 Euro gezahlt wurde; damit fehlt es an der zur Abmahnung erforderlichen eindeutigen Aufforderung zur Leistung.

3. Vielfache mündliche Zahlungsaufforderungen sowie eine drohende Insolvenz sind substantiiert darzulegen.

 

Normenkette

BGB §§ 628, 628 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 18.08.2011; Aktenzeichen 5 Ca 295/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 18.08.2011 - 5 Ca 295/11 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

In dem in die Berufungsinstanz gelangten Rechtsstreit geht es um die Frage, ob eine Verpflichtung des in Anspruch genommenen Arbeitgebers zum Schadenersatz wegen vertragswidrigen Verhaltens besteht.

Der Kläger war seit 02. Juni 2006 bei der Beklagten als Dachdecker beschäftigt. Die Beklagte war mit den Vergütungen für den Monat Januar und Februar 2011 in Verzug geraten. Am 18. März 2011 zahlte sie auf die Januarvergütung einen Teilbetrag von 500,-- €. Der Kläger ließ der Beklagten über seinen Prozessbevollmächtigten unter dem 18. März 2011 ein Schreiben mit folgendem Inhalt zukommen:

Sie befinden sich derzeit mit der Zahlung der Löhne für die Monate Januar 2011 und Februar 2011 in Zahlungsverzug. Für den Monat Februar 2011 liegt bislang noch keine Lohnabrechnung vor.

Namen unseres Mandanten haben wir Sie aufzufordern, den sich aus der Abrechnung Januar 2011 ergebenden Auszahlungsbetrag in Höhe von 1.331,10 € bis nunmehr spätestens zum 23.03.2011 auf das Ihnen bekannte Konto unseres Mandanten zu überweisen.

Es ergeht die weitere Aufforderung bis ebenfalls zum 23.03.2011 zu unseren Händen die Lohnabrechnung Februar 2011 zu übersenden sowie die sich aus dieser Abrechnung ergebende Nettovergütung bis spätestens zum 30.03.2011 an Herrn N zu überweisen.

Sollte innerhalb der gesetzten Fristen eine entsprechende Zahlung nicht erfolgen, werden wir ohne weitere Vorankündigung eine entsprechende Forderungsklage beim Arbeitsgericht einreichen. Des weiteren behält sich bei Nichtzahlung der Vergütung für die beiden Monate innerhalb der oben genannten Fristen Herr N vor, dann das Arbeitsverhältnis, gegebenenfalls fristlos zu kündigen, was selbstverständlich dann entsprechende Schadenersatzansprüche unseres Mandanten auslösen wird.

Nachdem die vollständige Lohnzahlung für Januar 2011 weder bis zum 23. März 2011 erfolgte noch eine Lohnabrechnung für Februar 2011 kündigte der Kläger mit Anwaltschreiben vom 24. März 2011 das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2011.

Entsprechend einem gerichtlichen Vergleich im Verfahren 5 Ca 238/11 zahlte die Beklagte die offenen Vergütungen zum 30. April 2011.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,

ihm stünde wegen Auflösungsverschuldens der Beklagten ein entsprechender Schadenersatzanspruch zu. Dieser beliefe sich in Höhe von zwei Dritteln der sich aus § 1 a KSchG analog ergebenden Abfindung, da das Kündigungsschutzgesetz Anwendung fände.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.306,-- € brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich

Klageabweisung

beantragt und erwidert, es läge keine ordnungsgemäße Abmahnung vor. Zum Zeitpunkt des Abmahnungsschreibens vom 18. März 2011 seien bereits 500,-- € auf die Januarvergütung gezahlt gewesen. Die Kündigung des Klägers sei verfrüht erfolgt. Die gesetzte Frist zur Zahlung der Februarvergütung sei im Anwaltsschreiben auf den 30. März 2011 festgesetzt worden und damit zu einem späteren Zeitpunkt als die Kündigung erfolgt.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat durch Urteil vom 18. August 2011 - 5 Ca 295/11 - die Schadenersatzklage abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe vor der in seiner Abmahnung vom 18. März 2011 gesetzten Frist bezüglich der Zahlung des Februargehaltes gekündigt. Eine Kündigung sei nach dem Inhalt des Abmahnschreibens nur für den Fall angeboten, dass alle Fristen nicht eingehalten würden. Es widerspreche auch dem Grundsatz von Treu und Glauben und stelle ein "venire contra factum proprium" dar, wenn in einem Abmahnungsschreiben eine fristlose Kündigung nur für den Fall angedroht werde, dass ein Schuldner die begehrte Handlung nicht innerhalb der gesetzten Frist erfülle und man trotzdem bereits vor Ablauf der Fristen die fristlose Kündigung erkläre und Scha...

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