Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Schadenersatz. vertragswidriges Verhalten. Unbegründete Schadensersatzklage gegen Arbeitgeberin wegen Auflösungsverschuldens bei Eigenkündigung vor Ablauf der Zahlungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Soll ein haftungsbegründendes Inverzugsetzens erst mit Ablauf "der oben genannten Fristen" erfolgen, steht die vom Arbeitnehmer etwa eine Woche vor Ablauf der Frist ausgesprochene Kündigung im Widerspruch zur Ankündigung arbeitsrechtlicher Maßnahmen; ein Schadensersatzanspruch wegen Auflösungsverschuldens der Arbeitgeberin ist damit ausgeschlossen.

 

Normenkette

BGB §§ 628, 628 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 17.08.2011; Aktenzeichen 6 Ca 239/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17.08.2011 - 6 Ca 239/11 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

In dem in die Berufungsinstanz gelangten Rechtsstreit geht es um die Frage, ob eine Verpflichtung des in Anspruch genommenen Arbeitgebers zum Schadenersatz wegen vertragswidrigen Verhaltens besteht.

Der Kläger war seit 16. Juni 2006 bei der Beklagten als Vorarbeiter und Dachdeckermeister beschäftigt. Die Beklagte war mit den Vergütungen für den Monat Januar und Februar 2011 in Verzug geraten. Der Kläger ließ der Beklagten über seinen Prozessbevollmächtigten unter dem 21. März 2011 ein Schreiben mit folgendem Inhalt zukommen:

Sie befinden sich derzeit mit der Zahlung der Löhne für die Monate Januar 2011 und Februar 2011 in Zahlungsverzug. Für die Monate Januar 2011 und Februar 2011 liegen darüber hinaus noch keine Lohnabrechnungen vor.

Namen unseres Mandanten haben wir Sie aufzufordern, den sich aus der Lohnabrechnung Januar 2011 ergebenden Auszahlungsbetrag bis nunmehr spätestens zum 24.03.2011 auf das Ihnen bekannte Konto unseres Mandanten zu überweisen.

Es ergeht die weitere Aufforderung bis ebenfalls zum 24.03.2011 zu unseren Händen die Lohnabrechnungen Januar 2011 und Februar 2011 zu übersenden sowie die sich aus der Lohnabrechnung Februar 2011 ergebende Nettovergütung bis spätestens zum 30.03.2011 an Herrn A. zu überweisen.

Sollte innerhalb der gesetzten Fristen eine entsprechende Zahlung nicht erfolgen, werden wir ohne weitere Vorankündigung eine entsprechende Forderungsklage beim Arbeitsgericht einreichen. Des weiteren behält sich bei Nichtzahlung der Vergütung für die beiden Monate innerhalb der oben genannten Fristen Herr A. vor, dann das Arbeitsverhältnis, gegebenenfalls fristlos zu kündigen, was selbstverständlich dann entsprechende Schadenersatzansprüche unseres Mandanten auslösen wird.

Mit Anwaltschreiben vom 25. März 2011 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2011 (Bl. 24 d. A.).

Über die offenen Zahlungsansprüche kam es zu Teilvergleichen (Bl. 11 u. 39 d. A.).

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,

ihm stünde wegen Auflösungsverschuldens der Beklagten ein entsprechender Schadenersatzanspruch zu. Dieser beliefe sich in Höhe von zwei Dritteln der sich aus § 1 a KSchG analog ergebenden Abfindung, da das Kündigungsschutzgesetz Anwendung fände.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.994,75 € brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich

Klageabweisung

beantragt und erwidert, es läge keine ordnungsgemäße Abmahnung vor. Die Kündigung des Klägers sei verfrüht erfolgt. Die gesetzten Fristen zur Zahlung der offenen Vergütungen seien im Anwaltsschreiben auf den 30. März 2011 festgesetzt worden und damit zu einem späteren Zeitpunkt als die bereits zum 25.3.2011 ausgesprochene Kündigung erfolgt.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat durch Urteil vom 17. August 2011 - 6 Ca 239/11 - die Schadenersatzklage abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an einer wirksamen Abmahnung. Der Kläger habe vor der in seiner Abmahnung vom 21. März 2011 gesetzten Frist gekündigt. Eine Kündigung sei nach dem Inhalt des Abmahnschreibens nur für den Fall angeboten, dass alle Fristen nicht eingehalten würden. Der Kläger könne sich auch nicht auf ein Insolvenzrisiko berufen, da er auch bei Einhaltung einer Frist bis zum 30.3.2011 im Insolvenzfalle nicht mit Zahlungsausfällen hätte rechnen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorbezeichneten Urteils (Seite 6 - 9 = Bl. 69 - 72 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 31. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 26. September 2011 eingelegte und am 28. Oktober 2011 begründete Berufung des Klägers.

Diese bringt zweitinstanzlich insbesondere vor,

das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die Zahlungsfrist betreffend die Vergütung Januar 2011 nicht eingehalten gewesen sei und darüber hinaus im Hinblick auf eine drohende Insolvenz Ende März 2011 der hierfür maßgebliche 3-monatige Insolvenzgeldzeitraum erfüllt gewesen sei, habe die Kündigung aufgr...

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